Den Träumen so fern

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By Eva Hediger

«Un poè­me» sei der Film, so der Regisseur Germinal Roaux – und warnt vor der Langwierigkeit von Left Foot, Right Foot. Doch die lan­gen Szenen im Park, das Filmen des Vogelschwarms und der Baumblätter wer­den ver­zie­hen. Visuell ist der Schwarz-Weiss-Film ein Fest. Selten wur­den so sanft und schön Momente ein­ge­fan­gen, klei­ne Liebeserklärungen an die Schönheit des oft tri­sten Alltags der Lausanner Jeunesse.

Unterbezahlte, schwie­ri­ge Familienverhältnisse und ihre fast freund­schaft­li­che Liebe domi­nie­ren den Alltag von Vincent und Marie. Die Ausweglosigkeit ver­eint das unglei­che Paar. Er, der mit schwar­zem Filzer alles ver­ziert und beschmiert. Sie, die nicht wei­ter als bis zum näch­sten Geldschein denkt. Vincent wirft ihre stän­di­gen Gedanken an «fric, fric, fric!» im Streit vor. Er ahnt nicht, dass die Sehnsucht nach Luxus das Mädchen in die Prostitution getrie­ben hat. Der Freier wird zum Feind, Maries Fehlentscheidungen rächen sich. Währenddessen ent­schei­det sich Vincent immer stär­ker für das, was er bis­her als Schweizer Spiessertum ver­pönt hat. Er löst sich von sei­nen jugend­li­chen Vorstellungen, gibt die Verantwortung für sei­nem gei­stig behin­der­ten Bruder ab. Um die­sen küm­mert sich Vincent anfäng­lich bis zur Aufopferung. Vergisst Marie, ver­spielt den Job.

Gesten und Geld
In Left Foot, Right Foot tan­zen, strau­cheln und schrei­ten die Protagonisten in ihr Leben, ihre Zukunft. Der Film fokus­siert mal auf Vincent, dann auf Marie. Kurze SMS, rüh­ren­de Gesten und klei­ne Geschenke zeu­gen von ihrer Zuneigung und dem Gefühl der Zugehörigkeit. Besonders Nahuel Perez Biscayart gelingt es, den nai­ven Vincent per­fekt zu mimen. Stets erschöpft und zer­s­aust beob­ach­tet er das Verhalten sei­ner Freundin, kneift die Augen zusam­men oder droht mit über­ra­schen­der Energie sei­nem Chef. Grosses Schauspiel ist die Leistung von Dimitri Stapfer. Der Deutschschweizer spielt Vincents auti­sti­schen Bruder. Daneben ver­kommt Marie stel­len­wei­se zum blas­sen Gör. Dies liegt aber weni­ger an der Schauspielerin Agathe Schlencker, als an der eher fla­chen Figur. Trotzdem: Ein star­kes Trio in einem sehens­wer­ten Film.

: http://www.kulturkritik.ch/2013/left-food-right-food/

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