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Crashkurs Kunst

Von Lukas Vogelsang – Ich hat­te mei­ne Zweifel, ob «Bildende Kunst» in einem drei­stün­di­gen Einführungskurs ver­mit­telt wer­den kann. Was will man da ver­mit­teln? Es klingt so ent­my­sti­fi­ziert – und trotz­dem: Wenn es schon Kurse für jede klei­ne Körperzelle, Bastelarbeit und jedes Hobby gibt, war­um nicht auch ein Crashkurs in Sachen Kunst?

Zwölf Menschen haben sich in der Galerie «da Mihi» am Berner Bubenbergplatz 15 ein­ge­fun­den. Die Galeristin Barbara Marbot begrüsst die Gruppe, und mir wird nicht ganz klar, mit wem ich da zusam­men sit­ze. Zum Kurs hin­zu gibt es ein ziem­lich umfang­rei­ches Begleitheft, wel­ches den gesam­ten Abend erklä­rend fest­hält. Zuerst geht es dar­um, spie­le­risch zu defi­nie­ren was Kunst ist. Was ist nur «Deko» und was gehört zum Kunsthandwerk? Und sie­he da – was für mich klar und ein­fach ist, gilt für ande­re bereits als Denksport. Etwas kom­ple­xer wird es, die ver­schie­de­nen «ähn­li­chen» Fotografien von Fliegenpilzen zu defi­nie­ren: ist es Kunst oder ein­fach ein Abbild? Und so geht es wei­ter, Kapitel für Kapitel. Und je tie­fer wir in den Kunstmarkt ein­drin­gen, umso hell­hö­ri­ger wer­de ich. Da gibt es Dinge, die ich selbst nach 20 Jahren in die­ser Form noch nie über­legt oder wahr­ge­nom­men habe. In der Begleitschrift sind alle Themen so doku­men­tiert, dass man sich spä­ter sel­ber auf die Suche nach Antworten machen kann. Was die Crash-Vermittlung angeht, so bin ich über­rascht, dass mir die­ser Kurs doch den einen oder ande­ren neu­en Blickwinkel geben kann. Das ist auch was für alte Hasen – denn die ver­lie­ren ja oft die Realität ihrer Kundschaft aus den Augen.

Spannend sind für mich vor allem die Erklärungen über die ProtagonistInnen im Kunstmarkt. Also: wer tut was und wer bestimmt Kunst als Kunst. Hier aller­dings hät­te ich am lieb­sten ein paar Anmerkungen gemacht. Aber dies wäre viel zu weit gegan­gen. Der Kurs erklärt näm­lich nicht, was Kunst ist. Wir ler­nen viel über die Definitionen und man ver­liert etwas die Angst vor dem unüber­wind­ba­ren Unbekannten. Was mir gefehlt hat am Kurs ist das Erlebnis, Kunst wahr­zu­neh­men. Allerdings: Wie will man das in einem Crashkurs errei­chen? Dazu bräuch­te man ein Museum oder ähn­li­ches. Barbara Marbot hat nicht den Anspruch, mit der Komplexität der Kunstdefinition den KursteilnehmerInnen die Lust zu neh­men. Im Gegenteil, sie gibt vie­le Tipps, wie man sich an das Thema her­an macht und wie man sich sel­ber dar­in suchen soll. Hilfreich sind dabei zum Beispiel die Internetlinks, wo Neulinge ein­fach mal stö­bern und schnup­pern kön­nen. Eine wei­se Entscheidung, die TeilnehmerInnen auf die eige­ne Reise zu sen­den.

Pädagogisch und von der Präsentation her lässt sich der Kurs noch aus­bau­en. Er baut noch etwas stark auf inter­ak­ti­ons­lo­se Frontalpräsentation, was ermü­dend ist. Allerdings kommt dies mit jedem Mal bes­ser – noch kurz vor dem Erscheinen die­ses Artikels hat mir Barbara Marbot noch Änderungen durch­ge­ge­ben. Die Kunst ist also auch hier kei­ne abge­schlos­se­ne Sache, und der Kurs wächst und ent­wickelt sich wei­ter.

Fazit: Ja – ein Crashkurs für Kunst ist sinn­voll und macht Spass. Wer kein Vorwissen hat und ger­ne mal in die­ses Mysterium «Kunst» rein­se­hen möch­te, soll­te sich eine Teilnahme über­le­gen. Für rund 60 Franken erhält man 3 Stunden lang ein inter­es­san­tes Programm, viel Material und ein paar neue Fragen mit auf den Weg. Der Einblick in die­se Welt ist aber nur ein Anfang ohne Ende.

 


da Mihi AG
Bubenbergplatz 15, 3011 Bern
Tel: 031 332 11 90
contact@damihi.com
www.damihi.com

Foto: zVg. / Bild: Maggs in Bern, im 2. Stock ist die Galerie da Mihi
ensuite, August 2013