Clubsterben: Sous Soul schliesst!

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Steter Tropfen höhlt den Stein

(Text: Sous Soul) 5 Jahre lang hat ein fröh­li­cher Haufen kul­tur­lie­ben­der Idealisten das Konzertlokal Sous Soul mög­lich gemacht – nun steht der Club vor dem Aus. Am 30. Dezember schliesst das Lokal end­gül­tig sei­ne Türen. Verursacht wur­de die­se Entwicklung von Lärmverordnung, Umweltgesetz und der ten­den­ziö­sen und ein­sei­ti­gen Gewichtung von Interessen. Beschleunigend wirk­ten sich zudem das club-inkom­pa­ti­ble Rauchverbot und der Besitzerwechsel der Liegenschaft aus.

Nach einer offe­nen Aussprache mit Regierungsstatthalter, Lärmfachstelle, Gewerbepolizei und Anwohnern prä­sen­tiert sich die Situation fol­gen­der­mas­sen: Zwar über­schrei­tet das Sous Soul auch bei einem Musikpegel bis 100 dBA weder die Grenzwerte der Cercle Bruit Richtlinie, noch der vor Ort gel­ten­den Lärmschutzzonen. Auch der Schalldämmwert von 80 dB zwi­schen dem Konzertlokal und den kla­gen­den Wohnungen ist gemäss unab­hän­gi­gem Gutachten über­durch­schnitt­lich hoch. Nach der Beschwerde der Anwohner ver­langt das Umweltschutzgesetz indes­sen eine «sub­jek­ti­ve Beurteilung», wel­che jeweils von der Fachstelle Lärmakustik der KAPO durch­ge­führt wird. Welche Richtlinien die­ser sub­jek­ti­ven Beurteilung zu Grunde lie­gen, ist uns nicht bekannt. Der Duden erklärt Subjektivität aber fol­gen­der­mas­sen:

indi­vi­du­ell, per­sön­lich, pri­vat, befan­gen, ein­sei­tig, nicht neu­tral, par­tei­isch, par­tei­lich, unsach­lich, ver­zerrt, vor­ein­ge­nom­men; nicht objek­tiv; (abwer­tend) eng­stir­nig, ten­den­zi­ös.

Angewendet wir die­se Subjektivität zudem aus­schliess­lich im Interesse des Klägers und nicht zugun­sten des Verursachers. In unse­rem Fall führ­te die sub­jek­ti­ve Wahrnehmung des beur­tei­len­den Beamten zu fol­gen­den Schlüssen: Die Gebäudehülle des Sous Soul lässt eine maxi­ma­le Lautstärke von 90dB zu. Pegel über 90dB ver­ur­sa­chen in den benach­bar­ten Wohnungen «erheb­li­che Störungen» und wür­den wei­ter­hin erfolg­reich beklagt wer­den kön­nen.

Dass Herr Pfarrer Urwyler das «Fumoir» ab 2012 als Büro benüt­zen will, kom­pli­ziert die Situation zusätz­lich. Ohne den Raucherraum müss­ten wir die Kunden zukünf­tig auf die Junkerngasse zum Rauchen schicken. Weitere Lärm- und Litteringklagen und zusätz­li­che Angriffsflächen unse­rer­seits wären die Folgen.

Dass wir unter die­sen Umständen nicht noch mehr Energie in den Fortbestand des Sous Soul inve­stie­ren erklärt sich von selbst. Nach 3 Jahren kon­stan­ter Auseinandersetzung mit der Lärmproblematik ist die Motivation auf sehr tie­fem Niveau ange­langt. Auch die Suche nach einem neu­en Lokal erscheint wenig sinn­voll, da die gel­ten­den Bestimmungen uns über­all bedro­hen und einen unab­hän­gi­gen Konzertbetrieb in bewohn­tem Gebiet fak­tisch ver­un­mög­li­chen.

Die Stadt Bern trifft für das gel­ten­de Umweltgesetz nicht direkt eine Schuld. Sie soll­te sich aber gründ­lich über­le­gen, ob sie dem selbst auf­er­leg­ten Gütesiegel «Kulturstadt» unter sol­chen Voraussetzungen, zumin­dest was die Konzertkultur angeht, noch gerecht wird. Dass ein Konzertlokal, wel­ches seit über 60 Jahren an die­sem Standpunkt funk­tio­niert hat, unter sol­chen Umständen zu Fall gebracht wer­den kann, ist für eine Hauptstadt mit urba­nem Anspruch beschä­mend.

Eine schlech­te Figur macht unse­rer Ansicht nach auch der Dachverband der Kulturveranstalter «BeKult», wel­cher kaum über den eige­nen Tellerrand hin­aus zu mobi­li­sie­ren ist und offen­bar für Problematiken wel­che nicht die eige­nen Pfründe bedro­hen, kein Interesse zeigt und sich schon gar nicht zu Aktivitäten hin­reis­sen lässt.

Nun machen wir einen sau­be­ren Abschluss und bis zum end­gül­ti­gen Ende am 30.12.2011 las­sen wir es noch rich­tig kra­chen! Wir wer­den unser Programm fle­xi­bler hal­ten, um eini­ge Veranstaltungen auch spon­tan set­zen zu kön­nen. Ab November fin­det man des­halb das aktu­el­le, voll­stän­di­ge Programm spä­te­stens 10 Tage im Voraus jeweils auf: www.sous-soul.ch

Gute Nacht, und viel Glück
Verein Sous Soul

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