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Casting-Kultur oder The Show must go on

Von Fabienne Naegeli – Collectif bar­ba­re prä­sen­tiert «SITCOM»: Ob Assessement-Centers, Wohngemeinschaften, Lehrstellen, Reality-TV oder DSDS, Germanys Next Topmodel, The Eurovision Song Contest und Das Supertalent – heu­te castet man alles und jede/n. Schon klei­ne Kinder müs­sen sich den gna­den­lo­sen Rankings à la Pisa-Test unter­zie­hen. Dank Internet und Social Network Plattformen wird man stän­dig mit Fragen kon­fron­tiert im Sinne von: «Wie stel­le ich mich dar?», oder «Welches Image gebe ich mir?», «Wie wer­de ich beliebt?» und «Wie gehe ich mit Konkurrenz um?». Das Leben wird zu einem per­ma­nen­ten Wettbewerb um Aufmerksamkeit, Anerkennung und Momente des Gesehenwerdens. Jede/r kann es schaf­fen in kur­zer Zeit einen Promi-Status zu errei­chen und zu Ruhm und Ehre zu gelan­gen. Ein biss­chen Exhibitionismus, Glück und kei­ne Angst vor Demütigungen, eine uner­bitt­li­che Jury mit frag­li­cher Qualifikation, ein voy­eu­ri­sti­sches Publikum, vor dem man mit viel Show einen Song eines Mainstreamkünstlers zum Besten gibt. So wird die gröss­te Null zum Superstar. Altes Leistungsprinzip ade, heu­te zählt: Du hast 15 Minuten um berühmt zu sein – insze­ni­er und ver­kauf dich!

Mitten in der Stadt Biel ver­an­stal­tet das Collectif bar­ba­re, respek­ti­ve API Production, die von ihnen gegrün­de­te Firma, ein Casting, da man eine Sitcom mit Titel «Happy fore­ver» dre­hen will. Ein Trailer wur­de bereits pro­du­ziert und per Facebook nach geeig­ne­ten TeilnehmerInnen gesucht. Fünf ambi­tio­nier­te KandidatInnen wur­den aus­ge­wählt, die sich nun in sie­ben Folgen bewei­sen müs­sen. Beim Karaoke sin­gen, in Videoclips, Tanz- und Talentshows, beim Gedichte rezi­tie­ren, sowie in Lieben-Lügen-Leidenschaften-Dramenszenen wer­den sie durch den Moderator und das Produktionsteam mit ihren Fähigkeiten, ihrem Humor und dem Durchhaltevermögen geca­stet bis zum bit­te­ren Ende.

Nach «Atteintes à la pudeur» (2008/09) und «in fla­gran­te» (2010) folgt mit «SITCOM» der drit­te Teil der Performencestrilogie im öffent­li­chen Raum von Collectif bar­ba­re. Das Projekt «SITCOM» arbei­tet auf ver­schie­de­nen Ebenen mit der Vermischung von Realität und Fiktion. Die Performanceserie spielt mit den ver­füh­re­ri­schen Erwartungen, Träumen und Illusionen, die von sol­chen viel­ver­spre­chen­den TV-Fomaten wie den oben genann­ten auf­ge­baut wer­den. Die sie­ben Episoden sind nach dem Schema einer Sitcom struk­tu­riert. Sie ent­hal­ten Stereotype-Figuren und Stories, Werbung, Jiingles, Vor- und Abspann, Applaus sowie Gelächter aus dem Off. Zusammen mit Elementen aus Casting-Shows irri­tiert und hin­ter­fragt «SITCOM» all­täg­li­che Sehgewohnheiten und Wahrnehmungsmuster.Mit Astride Schlaefli, Christian Kuntner, Stephan Stock, Alice Müller, Yvonne Oesch, Simon Grossenbacher, Natalia Bolkonskaya, Fabienne Naegeli, Regula Schwab, Marco Rotellini.

Weitere Informationen im Netz:
www.collectif-barbare.ch

Foto: zVg.
ensuite, Juni/Juli 2012