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Bromer Art Collection wie­der ohne Kurator

ChristianHerrenKommentar von Lukas Vogelsang - Seit Anfang Jahr herrscht viel Bewegung in der Bromer Art Collection in Roggwil. Allerdings in die fal­sche Richtung: Statt, dass BesucherInnen in den pri­va­ten Luxus-Palast von René Brogli strö­men, ist bereits der zwei­te Kurator wie­der draus­sen. Diesmal trifft es gar das «Wunderkind» Christian Herren, der medi­al als einer der jüng­sten Kuratoren der Schweiz vor­ge­stellt wur­de. Mit viel TV-Präsenz (von Aeschbacher zu Glanz und Gloria) und Interviews in den Tageszeitungen wur­de Herren auch ein wenig als «Retter» der Bromer Art Collection (BAC) gehan­delt. Die BAC wur­de von 0 auf 100 auf­ge­baut, aus dem Nichts, in eine Dimension, wel­che rein phy­sisch den inter­na­tio­na­len Anforderungen ent­spro­chen hät­te. Aber der Ort und die feh­len­de Funktion oder Konzept haben das «Projekt» wie­der begra­ben.

Wer mal in Roggwil vor­bei­schau­te, stell­te unwei­ger­lich die zen­tra­le Frage: Wer will die­ses Privatmuseum besu­chen? Mit sehr viel Geld, Prunk und Promi-Inszenierungen ver­such­te René Brogli den Ort kunst­af­fin zu bau­en. Doch der Preis war zu hoch. Nachdem bereits der erste Versuch vor einem Jahr schei­ter­te, wirft René Brogli jetzt über­stürzt wie­der das Handtuch: Konzeptänderung – obwohl das eigent­li­che Konzept noch gar nicht wirk­lich gegrif­fen hat­te. Dabei ist das gesam­te Projekt ein Unfall: Das Gebäude war ursprüng­lich eine Fehlspekulation, auf wel­cher René Brogli sit­zen blieb. Die Idee, dar­aus wenig­stens etwas Sinnvolles zu kre­ieren ist nicht dumm und eigent­lich auch rühm­lich. Vielleicht hät­te mehr Realitätssinn der Sache weni­ger gescha­det.

Ein Museum besteht nicht ein­fach aus einer mar­kan­ten Hülle mit ein paar Bildern an den Wänden. Es war bei den ersten zwei Ausstellungen in die­sem Jahr nicht klar, wel­che Absicht, Ziel oder künst­le­ri­schen Mehrwert René Brogli ver­folg­te. Ein «Konzept» war schwer­lich zu erken­nen. Der Wille schon. Aber damit recht­fer­tigt man kein Museum. Ein Bekannter mein­te lako­nisch: Andere lei­sten sich eine Luxusjacht. Stimmt. Daran gibt es so nichts aus­zu­set­zen. Allerdings stellt sich jetzt die Frage, ob René Brogli mit dem neu­en Konzept, in den Kunsthandel ein­zu­stei­gen, mehr Erfolg haben wird. Vielleicht ist auch dies nur eine Frage des Geldes.

Der Curriculum Vitae vom Berner Christian Herren ist damit aber sicher um ein span­nen­des Kapitel rei­cher gewor­den. Man kann es auch so sehen: Zum Glück war’s ein kur­zes Gastspiel. Jetzt erhält die Kunst bei Herren wie­der mehr Stellenwert. Und was in Roggwil gesche­hen wird, das wird sich erst ein­mal bewei­sen müs­sen.

 

Die offi­zi­el­le Pressemitteilung:

Roggwil, 17. Juli 2013 – Die Bromer Art Collection und Kurator Christian Herren been­den per sofort ihre Zusammenarbeit. Die Trennung erfolgt im gegen­sei­ti­gen Einvernehmen mit BAC-Initiant und Inhaber René Brogli. Das Auseinandergehen grün­det auf einer Strategieänderung von René Brogli. Die Bromer Art Collection, die Mitte April 2013 eröff­net wor­den ist, wid­met sich in Zukunft stär­ker dem Kunsthandel und stellt Ausstellungen mit Werken aus dem Sammlungsbestand in den Fokus. Herren wird die von ihm initi­ier­te Ausstellung „Clara Porges – eine Retrospektive“ im September als frei­er Kurator noch beglei­ten.

Nach einer erfolg­rei­chen und inter­na­tio­nal beach­te­ten Eröffnung Mitte April hat sich die Bromer Art Collection in den ver­gan­ge­nen Wochen in der Schweiz und im benach­bar­ten Ausland einen Namen als pro­gres­si­ve Kunstinstitution gemacht. Die ersten bei­den Ausstellungen haben inner­halb der Kunstszene einen gewin­nen­den Eindruck hin­ter­las­sen und einen star­ken Bezug zum Fachpublikum her­stel­len kön­nen. Zahlreiche inter­na­tio­na­le Kunstschaffende und Institutionen konn­ten für frucht­ba­re Zusammenarbeiten gewon­nen wer­den, unter ihnen Sophie Calle, Roman Signer oder die Thyssen-Bornemisza Art Contemporary Vienna. Auch das Kunsthaus Zürich hat sich bei­spiels­wei­se wäh­rend der ersten Ausstellung dazu bereit erklärt, Leihgaben für künf­ti­ge Ausstellungen der BAC zur Verfügung zu stel­len.

Neue Strategie fokus­siert Kunsthandel
Den gelun­ge­nen Eintritt in die Schweizer Kunstszene will René Brogli künf­tig noch geziel­ter nut­zen, um den Aspekt des Kunsthandels als zen­tra­le Tätigkeit der BAC noch stär­ker aus­zu­bau­en. „Massgeblich zur Strategieänderung bei­getra­gen hat die Tatsache, dass der Besucheraufmarsch in den ersten acht Wochen trotz sehr gutem Medienecho weit hin­ter den all­seits pro­gno­sti­zier­ten Erwartungen zurück geblie­ben ist und sich rea­li­sti­scher­wei­se auch kein Trend erken­nen lässt, dass sich dies in abseh­ba­rer Zeit ändert“, so Brogli. Daher will er den Schwerpunkt der Ausstellungstätigkeit der BAC künf­tig ver­mehrt auf die Präsentation des Sammlungsbestandes und der Organisation des Kunsthandels set­zen. Das Restaurant Bromer’s wird mit dem neu lan­cier­ten Konzept wei­ter­ge­führt.

Respektvolle Trennung
Aufgrund der kon­zep­tio­nel­len Neuausrichtung hat Christian Herren ent­schie­den, die Bromer Art Collection mit sofor­ti­ger Wirkung zu ver­las­sen. Herren bedau­ert die Entwicklung, respek­tiert aber den Entscheid Broglis: „Als Initiant und Inhaber soll René Brogli selbst­ver­ständ­lich die Strategie der BAC jeder­zeit adap­tie­ren dür­fen. Ich bin der Meinung, dass eine nach­hal­ti­ge Lancierung – wie anfäng­lich ver­ein­bart – sicher­lich drei Jahre in Anspruch genom­men hät­te. Ich bin René Brogli den­noch dank­bar, dass ich in der Bromer Art Collection wert­vol­le Erfahrungen sam­meln durf­te“, so Herren.

Als letz­te von ihm initi­ier­te Ausstellung wird Herren „Clara Porges – eine Retrospektive“ als frei­er Kurator im September abschlies­send beglei­ten. Die Ausstellung „Goethe, Bond und Beuys“, wel­che für November und Dezember geplant war, wird nicht durch­ge­führt.