Biermann&Frauen,etwas Politik: 576 Seiten WeiberLeiberZeitroman

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FBM: Blaues Sofa 19.10.2016 Wolf Biermann

Wolf Biermann redet nicht mit dem Literaturkritiker, son­dern mit dem Publikum, was ihn sehr amü­sant, wenn auch etwas lang­at­mig macht. Poesie und Lieder sind Biermanns Metier: Romane nicht. Und doch liest sich sei­ne Biographie flüs­sig, schnell, beein­druckend und sehr tra­gisch ver­wüh­lend (ein Stämpfliism, sor­ry). Dass er einen so dicken Wälzer geschrie­ben hat, ist nur sei­ner Frau Pamela zu ver­dan­ken. Sie hat den Trick geschafft, Biermann zu Puzzles zu ver­füh­ren, die sich dann zum Lebenswerk ver­dich­te­ten. Lachen kann man bei der Biografie. Beispielsweise mit Sven Michaelsen, der ein prickeln­des Gespräch mit dem Liedermacher für das Magazin der Süddeutschen geführt hat. Dort schreibt Michaelsen (der mei­ner Meinung nach der aller­be­ste Interviewer im deutsch­spra­chi­gen Raum ist): «Ich muss­te auf Seite 185 der Biermann-Memoiren laut­hals lachen. Als der Liedermacher 1965 in der Wohnung sei­ner dama­li­gen Geliebten Eva-Maria Hagen auf­kreuz­te und ein DDR-kri­ti­sches Lied sang, hör­te ein 10jähriges Mädchen in der Uniform der Jungen Pioniere zu. Nach den ersten Strophen kreisch­te das Kind: «Du sollst mei­nen Walter Ulbricht nicht ärgern!» Das wüten­de Mädchen hiess Nina Hagen.»

Biermann hat wahr­haft nicht nur einen Schelmenroman geschrie­ben, son­dern er lebt es auch auf der Bühne als Schelmenleben.

Das Selbstgespräch Biermann auf dem Blauen Sofa (der Interviewer hat sich völ­lig abge­hängt) birgt Sätze wie:

«Es blieb mir nichts ande­res ulb­richt» ‚«In einer Diktatur ist der gei­le Sound der der Nicht-Einsamkeit» – «Rauschen als Lebensmotto», «Je älter man wird, ist immer weni­ger wich­tig, was Eltern aus einem gemacht haben, son­dern man mischt sich immer mehr in die eige­nen Eigenheiten ein.» «Seelenbrot, das ich gebacken habe, muss frisch geges­sen wer­den. Es ist nicht nur die Geld- und Ruhmesgier, son­dern der bana­le Wunsch zu teilen.»«Das Verbot war frü­her mei­ne beste Reklame und der Mangel. Gedichte wur­den von Hand abge­schrie­ben. Dann ist es schon aus­wen­dig gelernt. Gedichte als Überlebenshilfe.»

Tja. Gestern dach­te ich aber erneut: Poeten soll nicht hören, son­dern lesen. Hören nur, wenn sie sin­gen.

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