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BEIZVÖGEL AUF SCHLOSS LANDSHUT

[Text: Rosemarie Althaus] Bevor sich am 16. Oktober 2011 die Tore von Schloss Landshut in Utzenstorf wie­der für das Winterhalbjahr schlies­sen wer­den, bie­tet das dort behei­ma­te­te Schweizer Museum für Wild und Jagd dem Besucher die Gelegenheit anläss­lich der letz­ten Abendführung die­ser Saison Einblicke in die fas­zi­nie­ren­de Arbeit des Beizjägers mit sei­nem Greifvogel zu erhal­ten.

Sicherlich hat die im November 2010 erfolg­te Aufnahme der Falknerei in die reprä­sen­ta­ti­ve Liste des imma­te­ri­el­len Kulturerbes der Menschheit (UNESCO-Weltkulturerbe) bei vie­len das Interesse an der Falknerei und zusätz­lich den Wunsch geweckt, mehr zu erfah­ren über die­se uralte Jagdart.

Historische Rückblende
Nachforschungen haben erge­ben, dass die Anfänge der Falknerei sehr weit zurück rei­chen – wahr­schein­lich wei­ter zurück als dies erste schrift­li­che Aufzeichnungen doku­men­tie­ren. Bereits in frü­hen Belegen wird eine tech­nisch weit ent­wickel­te Falknerei beschrie­ben, die sich zuvor über eine gros­se Zeitspanne von meh­re­ren tau­send Jahren zu der damals erreich­ten Perfektion ent­wickelt haben muss­te.

Deutlich spä­ter, im 13. Jahrhundert, wur­den ara­bi­sche Falknereitechniken über Spanien und den sizi­lia­ni­schen Hof Kaiser Friedrichs II von Hohenstaufen nach Europa gebracht. Die Schriften Friedrichs II fass­ten das dama­li­ge falk­ne­ri­sche Wissen vie­ler Kulturen zusam­men. In die­ser Zeit bedeu­te­te Falknerei auch Mittel zur über­grei­fen­den kul­tu­rel­len Verständigung, da ihre Symbolik von den mei­sten Kulturen geteilt und ver­stan­den wur­de. Das erklärt auch, wes­halb abge­tra­ge­ne Falken auch oft als diplo­ma­ti­sche Geschenke ein­ge­setzt wur­den.

Ihre Blütezeit erreich­te die Falknerei in Mitteleuropa im 17. Jahrhundert. Sie ver­kör­per­te zum Beispiel am fran­zö­si­schen Hof das rei­ne Jagdvergnügen und wur­de gleich­ge­stellt mit sozia­ler Stellung und poli­ti­scher Macht.

Mit der fran­zö­si­schen Revolution Ende des 18. Jahrhunderts ver­schwand die Falknerei in Mitteleuropa und mach­te dem Gebrauch von Schusswaffen Platz.
Im 19. Jahrhundert übten nur noch eini­ge weni­ge die Beizjagd aus und so wur­den die noch bestehen­den Falknervereine für den Erhalt des Wissens um die Falknerei zuneh­mend wich­tig. Es grenzt an ein klei­nes Wunder, dass sich das falk­ne­ri­sche Wissen in unse­re Zeit hin­über ret­ten konn­te.

In Europa erleb­te die Falknerei in den 1920er und 1930er Jahren eine Renaissance und ihre Popularität nahm in den 1950er und 1960er Jahren wei­ter zu. Neben dem tech­ni­schen Wissen wur­de auch der ethi­sche Kodex falk­ne­ri­scher Weidgerechtigkeit wei­ter­ge­ge­ben und es gelang, das Bewusstsein um die emo­tio­na­le Bindung des Falkners zu sei­nem Beizvogel, zu Wild und Natur wach zu hal­ten und zu för­dern.

Falknerei auch in der Schweiz
Am Fortbestehen der Falknerei in der Schweiz inter­es­sier­te Personen schlos­sen sich 1963 zur Schweizerischen Falkner-Vereinigung (SFV) zusam­men. Sie umfasst heu­te 92 Mitglieder aus dem In- und Ausland mit 15 akti­ven Beizjägern. Hauptanliegen ist der Erhalt einer ver­tret­ba­ren Falknerei mit all ihrem Wissen und ihren Traditionen.

Gejagt wird mit abge­tra­ge­nen Wanderfalken und Habichten auf das «klas­si­sche» Beizwild der Schweiz, die Rabenkrähe. Jagdvoraussetzung für den Beizjäger sind eine erfolg­reich bestan­de­ne Jagdeignungsprüfung sowie die Falknerprüfung.