Stand 16. November 2011: Das Projekt wurde vom Gemeinderat ABGELEHNT!
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Offener Brief für die Presse, Interessierte und
die Mitglieder des Gemeinderates Stadt Zürich
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Sehr geehrte Damen und Herren
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Wir haben die Medienmitteilung “Online-Kulturplattform für Zürich“ vom 9. November 2011 gesehen und vernommen, dass dieses Geschäft am Mittwoch, 16. November im Zürcher Gemeinderat diskutiert werden sollte und zwar im Rahmen der II. Serie Zusatzkredite zum Budget 2011.
Es ist unbedingt zu verhindern, dass dieses Geschäft aus Mangel an Interesse durchgewunken wird!
Kurze Rekapitulation: Die Stadt Zürich möchte mit 975 000 Franken aus den Reserven des Produktegruppen-Globalbudgets ein Pilotprojekt (2012 – 2014) einer Online-Kulturdatenbank bezahlen. Dazu wurde erst am 21. Oktober 2011 ein Verein gegründet. In diesem Verein sitzen, als Gründungsmitglieder, die Stadt Zürich und der MIGROS Genossenschaftsbund. Rein organisationstechnisch ziemlich ein Schnellschuss. Und jetzt will man das Geld fixieren – danach, erst im 2012 wird es eine detaillierte Präsentation geben.
Die Stadt bezahlt das Steuergeld und die MIGROS beteiligt sich mit der technischen Infrastruktur, das heisst, mit ihrer Veranstaltungsdatenbank, mit welcher sie bereits seit Jahren operiert, die aber hauptsächlich für MIGROS-eigene Events eingesetzt wurde. Die 975 000 Franken werden zu 2/3 für Löhne und 1/3 für die Technik und Infrastruktur eingesetzt. Das Problem ist, dass diese knapp 1 Million Franken aus einem Budgetüberschuss finanziert werden sollen. Im 2014 jedoch wird garantiert der Subventionsantrag gestellt, jährlich wiederkehrend mindestens 300 000 Franken nachzuwerfen.
Neben der viel zu teuren Investition, die keine Rentabilität ausweisen kann, der keine publizierte Analyse vorausgegangen ist und die mit Sicherheit keine Welt bewegen wird, ist das Projekt nicht förderlich für die Kultur, für die es gedacht wurde. Die Kulturberichterstattung ist das Problem von Künstlern und Veranstaltern. Das Tagesgeschehen, also die Eventhinweise, sind nicht das Problem. Auf dem Platz Zürich sind mehrere Printpublikationen mit Eventkalender von privaten Anbietern vertreten. Auch im Internet gibt es unzählige Portale mit Kultur- und Veranstaltungshinweisen. Die Stadt, in Kooperation mit der MIGROS, will diesen Markt mit Steuergeldern für sich in Beschlag nehmen. Man redet in der Begründung von „einem Bedürfnis“. Welchem Bedürfnis? Wurden die VeranstalterInnen denn miteinbezogen und wenn ja, sind Sie Mitglieder des Vereins? Wer hat die Bedürfnisanalyse gemacht und wo sind die Resultate einsehbar?
Die Stadt Zürich könnten schon lange diverse Kulturplattformen besitzen – doch werden alle Projekte von der Stadt selber in den Wind geschlagen: «Wir fällen jede Entscheidung aufgrund von unserer Kultur. Kultur ist ein Zustand, wird immer individuell wahrgenommen und kann sich nur über eine Gemeinschaft definieren. Dein kulturelles Umfeld bestimmt Dein Leben.» (Lukas Vogelsang) Kultur ist auch Macht – diese Macht will die Stadt Zürich nicht aus der Hand geben. Es könnte ja eine soziale Gesellschaft entstehen. Mehrere Kulturportal- und Datenbankanbieter, darunter auch die ZHdK, wurden mit ihren partiellen Projekten abgewimmelt. Auch die Tagesmedienverlage, ensuite –kulturmagazin und immer wieder neue Gruppen. Und dies seit Jahren. ensuite – kulturmagazin hat die Stadt Zürich für einmalig 20‘000 Franken angefragt und wurde abgelehnt. Jean-Pierre Hoby meinte damals: „Wenn, dann liegen mehr als 50‘000 Franken Starthilfebeitrag eh nicht drin.“
Was heute aber viel schlimmer ist: Niemand stellt bei so einer Pressemitteilung, wie die vom 9. November, Fragen. Das Projekt wurde am Mittwoch, 9. November zum ersten Mal veröffentlicht. 975 000 Franken sollen ohne öffentliche Ausschreibung einfach vergeben werden. Die Kurzfristigkeit ist geradezu unheimlich.
Ich will nicht wissen, wieviele sinnvolle kulturelle Projekte mit diesem Geld den Kultur-Standort-Zürich stärken könnten. Wenn es der Stadt Zürich an kultureller Präsenz fehlt, dann sollte Sie mehrere Partner unterstützen und nicht versuchen, alles in Eigenregie zu machen.
REDEN Sie, liebe LeserInnen, darüber. Und zwar schnell. Sonst ist es zu spät.
Mit freundlichem Gruss
ensuite – kulturmagazin
Lukas Vogelsang
Chefredaktor und Mitglied der Verlagsleitung
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