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Analog und digi­tal: SWONET – DAS SWISS WOMEN NETWORK

Von Dr. Regula Stämpfli - Frauen sind im Netz schwie­ri­ger zu fin­den. Dies stell­te XING im Mai 2017 fest als sich die Bloggerin Risa Ringen beim Karrierenetzwerk beklag­te. „Er ist dumm, der Algorithmus der Xing-Suche. Er kann nichts dafür, dass er nicht der Schlauste ist“ meint Ringen zunächst noch humor­voll. Doch im deutsch­spra­chi­gen Raum ist die Expertensuche eine weib­li­che Scheiterhaufen-Angelegenheit. Sucht frau nach „Berater“, „Experte Digitaldemokratie“, „Filmer“, dann tau­chen nur Männer auf. Dies ist in jeder Maske das Problem – eine Schwierigkeit, die ich schon 2013 fest­ge­stellt und ver­öf­fent­licht habe, die mir aber kei­nen ein­zi­gen Auftrag mehr als Digitalexpertin ein­ge­bracht hat. Im Gegenteil: Programmierer, Gamer, Netzaktivisten trans­for­mie­ren sich in ganz üble Trolle, wenn sie von Frauen sehr nüch­tern auf die abso­lut dis­kri­mi­nie­ren­de Praxis ihrer Codes hin­ge­wie­sen wer­den. Statt zu ler­nen und refor­mie­ren, schla­gen die Nerds bru­tal zurück.

Was kann frau trotz­dem tun?
Frauen, die im Netz gut auf­find­bar sein wol­len, sei gera­ten, sich sel­ber Politologe, Grafiker, Philosophe, Informatiker, Grafiker, Ökonom etc. zu nen­nen. Die männ­li­che Form ist ein „win­ning ticket“, so bit­ter dies auch klin­gen mag. Gut funk­tio­nie­ren auch Substantive bei Berufsfeldern wie „Finanzen“, „Wirtschaft“ „Medien“, „Journalismus“, „Content Marketing“ etc. Man mer­ke: Im Netz ist Gender-Storytelling fehl am Platz. Da gilt es, will frau erfolg­reich sein, wie ein Mann zu agie­ren. Hässlich, nicht wahr? Passt aber zu allen Studien zu Frauen und Medien und Frauen im Netz.

Deshalb sind ana­lo­ge Treffen wie die von SWONET (zu lesen als SWO Net) umso wich­ti­ger. Initiiert wur­de das Frauenkarriere-Netzwerk vor elf Jahren von Petra Rohner. Mit über 8000 Mitgliedern ist es das gröss­te Frauen-Businessnetzwerk der Schweiz. Am 8. März, dem inter­na­tio­na­len Frauentag fand das Treffen 2019 in Brugg-Windisch statt und bot eine brei­te Palette von Vorträgen und Workshops rund um Frauenkarrieren. Das Unterhaltungsprogramm E1NZ war unfass­bar geni­al. Ich wür­de die „Zwäi“ allen sofort emp­feh­len, denn sie ver­bin­den Geschlechterrollen, Menschlichkeit und Lebensthemen in einer atem­be­rau­ben­den Akrobatik. Ihre Parabel auf das Leben und Liebe rühr­te zu Tränen und zum Atemholen: Aufregend, ganz gros­se Kunst und Inspiration in einem.

Der inter­na­tio­na­le Frauentag bei SWONET hat etwas gezeigt: Die Sichtbarkeit und die Macht zur Gestaltung von Macht sind für Frauen im Jahr 2019 immer noch schwer. Doch wer bei­des kann; Sich in der Welt und im Netz mit ande­ren Frauen und Männern zu ver­bin­den, schrei­tet forsch vor­an.

Nur etwas irri­tier­te: Frauen im 21. Jahrhundert wir­ken in ihren Kostümen, ihrer per­fek­ten Schminke und den minu­ti­ös gepfleg­ten Nagellack sehr unnah­bar. Auch fiel auf, wie sehr vor­sich­tig, zurück­hal­tend und skep­tisch die Frauen unter­ein­an­der und manch­mal gegen­ein­an­der waren. Ob hier der gras­sie­ren­de Frauenhass in den sozia­len und ana­lo­gen Medien (sie­he dazu auch das Buch von Angela Nagle „Die Digitale Gegenrevolution“) schon sei­ne Spuren hin­ter­las­sen hat?

Als ich einer unbe­darf­ten, aber sehr pro­mi­nen­ten Schweizer Journalistin von SWONET erzähl­te und mich beklag­te, wes­halb ein der­ar­tig hoch­ka­rä­ti­ger Anlass, mode­riert von der wun­der­ba­ren Mona Vetsch, von fast allen Medien und dem Schweizer Fernsehen ein­fach über­gan­gen wird, mein­te sie: „Frauenanlässe? Die kannst Du medi­al rau­chen. Uns inter­es­sie­ren nur gut­aus­se­hen­de, pro­vo­ka­ti­ve jun­ge Frauen oder Transmenschen. Frauenpolitik ist nur noch was für die alten Feministinnen, die eh schon lan­ge nichts mehr zu sagen haben.“

Well. Wrong. Very wrong. Bei SWONET waren jung, trans und alt, pro­vo­ka­tiv, ange­passt und bunt span­nend zusam­men­ge­wür­felt und krea­tiv für die Sache der Frau ein­ge­spannt.

Die betref­fen­de Journalistin und ihre Kollegen wer­den sich noch ganz böse wun­dern. Denn gera­de WEIL eini­ge Medien in den letz­ten Jahren die wirk­lich wich­ti­gen Themen und Expertinnen ver­schla­fen haben, ste­hen vie­le von ihnen nun am wirt­schaft­li­chen Abgrund. Dies wird den Frauen, die an der SWONET-Tagung waren, sicher nicht pas­sie­ren. Denn schliess­lich sind sie weit vor­ne und „up to date“.

Das näch­ste Netzwerktreffen von SWONET zum „Business and Working Day“ fin­det näch­stes Jahr am 13.3. 2020 statt. Auf Xing gibt es das gan­ze Jahr über digi­ta­le und ana­lo­ge Swonet-Events.

Links:
www.swonet.ch

https://www.marketing-madam.de/2017/05/02/dummer-algorithmus-als-frau-bei-xing-gefunden-werden/92706211/

Zur Praxis der Algorithmen von Regula Stämpfli „Why Winnie the Pooh is right and Google is wrong“

Foto von Barbara Bamberger SWONET Business&Network Day 2019

Eindrückliche Fotoshow auf:
http://showphoto.ch/swonet-business-and-network-day-2019/