Nordamerika Native Museum: Sonderausstellung «Karl Bodmer»

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Das Nordamerika Native Museum (NONAM) der Stadt Zürich zeigt vom 8. Februar bis am 9. August 2009 in der Sonderausstellung «Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika» die fas­zi­nie­ren­den Bilder des berühm­ten Zürcher «Indianermalers» Karl Bodmer.

Wer im frü­hen 19. Jahrhundert eine Reise unter­nahm, hat­te noch kei­nen Fotoapparat im Handgepäck. Auch nicht Prinz Maximilan zu Wied, der 1832 eine «Reise in das inne­re Nord-America» plan­te. Wie aber soll­te er sei­ne Berichte für die Wissenschaft doku­men­tie­ren? Er fand den jun­gen Zürcher Maler Karl Bodmer und nahm ihn mit auf ein gross­ar­ti­ges Abenteuer bei den Indianern am Oberen Missouri. Die Expedition dau­er­te 28 Monate. Während der Prinz sein Tagebuch schrieb und für sei­ne Sammlung Naturalien zusam­men­such­te und Gegenstände von Indianern erwarb, skiz­zier­te und aqua­rel­lier­te Bodmer mehr als vier­hun­dert Indianer‑, Landschafts- und Tierbilder. Seine detail­ge­treu­en Skizzen und Aquarelle, die spä­ter in einen monu­men­ta­len Reisebericht mit 81 mei­ster­li­chen Kupferstichen inte­griert wur­den, sind bis heu­te unüber­trof­fen und gel­ten als Höhepunkt in der bild­ne­ri­schen Darstellung frem­der Völker. Sie gehö­ren welt­weit zu den wich­tig­sten Dokumenten über die Indianerkulturen am obe­ren Missouri.

Bodmer in Zürich noch unbe­kannt
Allerdings wäre es eine fahr­läs­si­ge Verkürzung, wenn man Bodmer, wie es lei­der all­zu oft geschieht, auf den «Indianer-Bodmer» redu­zier­te. Seine Landschaftsdarstellungen sind in ihrer künst­le­ri­schen Qualität weit mehr als hoch ste­hen­de Dokumentationen der unbe­rühr­ten Landschaften Amerikas im 19. Jahrhundert. Sie sind auch wert­vol­le Zeugnisse der ersten ein­schnei­den­den Veränderungen durch das Vordringen der weis­sen Zivilisation. Das gesam­te Originalwerk Bodmers, das sich heu­te in den USA befin­det, gehört dort dank einer wei­ten Verbreitung bis hin in die Schulbücher zum kul­tu­rel­len Gedächtnis der ame­ri­ka­ni­schen Nation. Leider ist Bodmer in sei­ner Heimatstadt weit­ge­hend in Vergessenheit gera­ten. «Das wird sich mit die­ser fas­zi­nie­ren­den Sonderausstellung bestimmt ändern», ist Stadtrat Gerold Lauber, Vorsteher des Schul- und Sportdepartements, über­zeugt. Die Sonderausstellung im NONAM ver­eint und zeigt – qua­si als Weltpremiere – sowohl Bodmers vol­le Reihe der 81 Kupferstiche sei­ner Reise als auch Originalobjekte, die Prinz Maximilan zu Wied mit nach Europa brach­te.

Begegnungen mit Fremden
Tagtäglich begeg­nen wir Fremden – auf der Strasse, im Tram, im Treppenhaus. Wir neh­men sie kaum noch wahr, denn die mei­sten wir­ken nicht viel anders als wir selbst. Als der Zürcher Maler Karl Bodmer in den Jahren 1834 bis 1836 zum ersten Mal in sei­nem Leben Indianern gegen­über­stand, erging es ihm ganz anders. Sie waren frem­der als alles, was er bis dahin gese­hen hat­te, und er begann sie zu malen. Akribisch genau im Detail und doch mit dem unver­kenn­ba­ren Blick eines Europäers sei­ner Zeit. Karl Bodmers Werke prä­gen unse­re Wahrnehmung der india­ni­schen Kulturen bis heu­te. Der Zürcher war nicht der ein­zi­ge «Indianermaler» im 19. Jahrhundert. Verglichen mit ande­ren Darstellungen aber strah­len die Menschen, die er por­trä­tier­te, Individualität und Nobilitierung aus. Also appel­lier­ten sie an die Sehnsucht nach dem Bild des Indianers als «nobel sava­ge». Und fan­den dann, oft stark ver­grö­bert, Verbreitung in allen damals auf­kom­men­den Printmedien. Ironischerweise wur­den auf die­se Weise die Individuen, die Bodmer dar­ge­stellt hat­te, zum Stereotyp des Indianers.

Kulturgeschichtlicher und bio­gra­phi­scher Hintergrund
Weder Bodmer noch Wied arbei­te­ten im luft­lee­ren Raum. Der Naturforscher Wied dach­te und arbei­te­te inter­dis­zi­pli­när. Er forsch­te als Geologe, als Zoologe und als Botaniker, und die­se natur­wis­sen­schaft­li­chen Studien sind für ihn zugleich die «schön­sten aller Studien». Schön kann der zu stu­die­ren­de Gegenstand sein, und schön ist beson­ders die Beschäftigung damit. Wissenschaft und Ästhetik sind nicht zu tren­nen bei die­sem Universalgelehrten.

Der Künstler Bodmer hat­te sein Handwerk ganz soli­de bei sei­nem Onkel J. J. Meyer aus Meilen, einem eta­blier­ten Landschaftsmaler, erlernt. Das 19. Jahrhundert war die Zeit der gros­sen Bildungsreisen. Es herrsch­te enor­mer Bedarf an Illustrationen bekann­ter Reisedestinationen. In die­sem Feld konn­te sich nur behaup­ten, wer die Techniken der Landschaftsdarstellung, der Perspektive und der Lichtführung beherrsch­te. Bodmer war so gut, dass er aus dem Feld der namen­lo­sen Vedutenmaler her­aus­rag­te und die Aufmerksamkeit des Gelehrten Wied auf sich zog. Beide, der Künstler und der Wissenschaftler, arbei­te­ten auf höch­stem Niveau, in Wieds Reisebericht wird immer wie­der sei­ne Hochachtung vor dem jun­gen Maler aus­ge­spro­chen.

Wiedereröffnung des Museums
Vom 18. August 2008 an blieb das NONAM infol­ge An- und Umbauarbeiten für Besucher geschlos­sen. Mit der Sonderausstellung «Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika» öff­net das Museum wie­der sei­ne Tore. Dank dem fer­tig gestell­ten Anbau ver­fügt das NONAM nun über einen attrak­ti­ven Mehrzweckraum für Workshops und Veranstaltungen.

Sonderausstellung: «Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika», 8. Februar bis 9. August 2009.
Nordamerika Native Museum NONAM. Seefeldstrasse 317, 8008 Zürich. Internet: www.nonam.ch. Zur Ausstellung erscheint im Zürcher Verlag Scheidegger & Spiess das Buch mit dem Titel «Karl Bodmer – ein Schweizer Künstler in Amerika». Es erscheint in Deutsch und Englisch und wird auf dem ame­ri­ka­ni­schen Markt durch die renom­mier­te University of Chicago Press ver­trie­ben.

(Pressetext Stadt Zürich)

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