Costa Rica, Disneyland

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Costa Rica, das sagen­um­wo­be­ne, «schoen­ste» Land Mittelamerikas, der Kindheitstraum eines jeden Europaeers, der beruehm­te­ste «Topspot»  zwi­schen Mexiko und Kolumbien ist sehr ent­taeu­schend.

Nachdem ich an der Grenze zwi­schen Nicaragua und Costa Rica die Migrationspapiere gekauft hat­te (ja, die muss man bei einem der vie­len, umher­schrei­en­den Locals fuer ein paar Rappen kau­fen), pas­sier­te ich die Grenze in den Zollfreien Raum. Zeit, um etwas Geld in der neu­en Waehrung zu beschaf­fen. Normalerweise, wie auch hier, geschieht das fol­gen­der­wei­se: Zig Leute mit rie­si­gen Geldbuendeln wech­seln einem zu einem meist doch sehr unvor­teil­haf­ten Preis das ueb­rig­ge­blie­be­ne Geld in die loka­le Waehrung. Und da ein Grenzuebergang immer etwas kostet, hat man kei­ne ande­re Wahl, als die klei­ne Abzocke in Kauf zu neh­men. Da es aber in der Zollfreien Zone einen Bankomaten hat­te, glaub­te ich, die­sen klei­nen Nachteil fuer ein­mal umge­hen zu koen­nen. Also begab ich mich zum Geldautomaten. Ueberraschenderweise wur­de mei­ne Karte sogar akzep­tiert und stolz waehl­te ich anstel­le von «Dollars» «local cur­ren­cy». Aus dem Automaten kamen jedoch nicht Costa Ricanische Colones, son­dern Nicaraguensische Cordobas. Demzufolge hat­te ich kei­ne ande­re Wahl, als das Geld, frisch aus dem Geldautomaten, bei einem der loka­len «Strassenwechsler» umzu­tau­schen. Eine erstaun­lich gut orga­ni­sier­te, offi­zi­el­le Abzocke zur Unterstuetzung der loka­len Bevoelkerung. Irgendwie wit­zig und ver­staend­lich.

Etwas weni­ger wit­zig war dann das drei­stuen­di­ge Schlangestehen an der Costa Ricanischen Grenze. Weshalb es so lan­ge dau­er­te, weiss eigent­lich nie­mand, denn mehr als eini­ge Sekunden in den Pass star­ren um ihn dann zu stem­peln, geschieht eigent­lich nicht. Nun, so weit so gut. Etwas mueh­sam, aber Reisen ist schliess­lich nicht immer Schokoladenkuchenessen.

Der ursprueng­li­che Plan war eigent­lich, Costa Rica wegen der erhoeh­ten Preise total aus­zu­las­sen und in einem Tag durch­zu­fah­ren. Da dies aber schon nur auf­grund der lan­gen Wartezeiten an der Grenze nicht moeg­lich war, beschloss ich, einen Zwischenstopp in einem der «Superspots» Costa Ricas ein­zu­le­gen. Also mach­te ich mich auf die Suche nach einem Bus in Richtung Monteverde, einem Dorf im zen­tra­len Hochland, das mit Zipline Tours, Wildlife Watching und ande­ren Schlagwoertern die Touristen aus allen Herrenlaendern anlockt.

Nach La Liberia zu kom­men war ein leich­tes. Auch der Bus nach Las Juntas wur­de schnell aus­g­fin­dig gemacht. Doch weil ich zu spaet in Las Juntas ankam, hat­te es kei­nen Bus mehr am sel­ben Tag. Deshalb tat ich, was Backpacker in die­ser Situation immer tun: Hitchhiking.

Gemaess mei­ner Erfahrung in Mittelamerika benoe­tigt man durch­schnitt­lich 3, 5 Minuten, bis der erste Pickup Truck haelt und einem mit­nimmt. Nicht so in Las Juntas. Alle Fahrer haben mich ent­we­der igno­riert oder grim­mig abge­wun­ken. Sehr ueber­rascht frag­te ich mich, was mit die­sen Leuten hier denn los sei.

Schliesslich fand ich in einem Taxifahrer, der mir nach zehn­mi­nue­ti­gen Verhandeln einen akzep­ta­blen Preis offe­rier­te, doch noch eine Moeglichkeit, am sel­ben Tag nach Monteverde zu gelan­gen.

In Monteverde ange­kom­men, fand ich mich in einer bis­her unbe­kann­ten Welt wie­der. Einer Welt, die stark an Europa erin­ner­te: luxu­rioe­se Autos, west­li­che Architektur, drei Dollar fuer einen Kaffee (anstel­le von 60 Cent in den umlie­gen­den Laendern), per­fekt eng­lisch­spre­chen­dem Hotelpersonal und Souvenirlaeden bis zum Gehtnichtmehr.

Ich ver­stand nun so ein biss­chen, wes­halb die Einheimischen nicht wahn­sin­nig Freude an Touristen haben, doch als ich schliess­lich mein Zimmer bezog, fiel es mir wie Schuppen von den Augen. Im Inneren der Tuer befand sich ein Schild mit der Aufschrift «Dear Tourist, for your safe­ty, do not talk to local peo­p­le». Und jetzt ver­stand ich doch sehr gut, wes­halb ich kei­nen Pickup Truck fand.

Als ich dann im Hotelgang eine Touristenkarte erblick­te, die mit «Golf Resort», «Spa», «Fantasybus» und wei­te­ren lae­cher­li­chen, ober­tou­ri­sti­schen Aktivitaeten prahl­te, wur­de mir klar, dass ich Mittelamerika ver­las­sen hat­te und ins Disneyland gera­ten bin.

Genervt dar­ueber, beschloss ich, die­sen Ort schnell wie­der zu ver­las­sen. Die Werbung in der Lobby fuer einen Shuttleservice, der aus­drueck­lich nur fuer Touristen (Einheimische sind expli­zit nicht zuge­las­sen), brach­te dann das Fass nicht nur zum Ueberlaufen, son­dern Ueberflutete ganz Costa Rica.

Daher buch­te ich einen Bus fuer zwei Dollar nach San Jose, um dann in Panama (hof­fent­lich) wie­der nach Mittelamerika zurueck­zu­keh­ren. So geht das.

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