Dieser Text wurde in der Nullnummer unserer Konkurrenz, der «Berner Kulturagenda», im Jahr 2005 gedruckt. Immer wieder lustig, alte Texte durchzulesen…
Und da ist sie nun: die 1001. Kulturagenda von Bern. Mit allen Mitteln versucht diese Hauptstadt dem Titel gerecht zu werden, indem sie das 10-fache an Kultur- und Ausgehagenden publiziert. Als müssten die Bernerinnen und Berner das heimische Kulturleben heraufbeschwören. Nein, beim besten Willen und Verständnis: Eine weitere Kulturagenda kann ich in keiner Weise begrüssen, das wäre ziemlich schräg. Im Gegenteil: Basel macht es zur Zeit vor (BAZ, tägliches Kulturmagazin), wie man Kultur im 20-Minuten-Takt verkauft, banalisiert und vermarktet.
Mit Kulturpromotion oder gar einem Kulturmagazin hat dies nichts mehr zu tun – das ist reines Business. Bern folgt diesem Trend, vertauscht das K von Kultur mit dem K von Kommerz. Vermutlich kommt als nächstes die Feststellung, dass wegen einer weiteren Kulturagenda die Kulturstätten nicht voller werden. Doch das Kulturgeld ist dabei für 2005 bereits verloren. Ein Kul-
turverständnis entsteht nicht in 20 Minuten. Die glücklichen Gewinner sind die Espace Medien: Clever haben sie den Auftrag für Druck und Vertrieb zu einem glanzvollen und ziemlich innovativen Handel gemacht. Dafür kriegen sie einen Orden – über sie wird man gut reden… Ein Kulturmagazin oder eine Kulturagenda muss selber Kultur sein. Kultur entsteht mit Herzblut und
Seele – und nicht durch die Publikationsnot der Veranstalter und Werbeagenturen. Und was sollen wir dieser Kulturagenda wünschen? Nichts. Nur der Leserschaft wünschen wir ein gesundes Kulturverständnis.
Lukas Vogelsang
Chefredaktor «ensuite – kulturmagazin»




