Die kantonale deutschsprachige Literaturkommission verleiht 2009 sechs Literaturpreise des Kantons Bern von je 10’000 Franken für herausragende aktuelle literarische Arbeiten. Ausgezeichnet werden Marina Bolzli, Franz Dodel, Christoph Geiser, Händl Klaus, Lorenz Langenegger und Gerhard Meister. Ein Anerkennungspreis von 10’000 Franken geht an Fredi Lerch und Erwin Marti für ihre Herausgabe der Werke von Carl Albert Loosli. Die Preisverleihung findet am Mittwoch, 17. Juni 2009 im Schlachthaus Theater Bern statt.
Die Berner Literatursaison 2008/09 war reich und vielfältig. Die kantonale deutschsprachige Literaturkommission hat rund 60 Werke und Texte von Berner Literaturschaffenden diskutiert; darunter publizierte oder aufgeführte neue Bücher, Theatertexte, Hörbücher, Hörspiele sowie literarische Kleinformen und Spoken Word. Die Kommission vergibt sechs Literaturpreise 2009 des Kantons Bern in der Höhe von je 10’000 Franken an herausragende literarische Arbeiten.
In ihrem ersten Roman „Nachhernachher“ entwickelt Marina Bolzli eindrücklich eine Frauenfigur, die sich als junge Erwachsene von heute zwischen Abweisungsschmerz und vergeblicher Bestätigungssuche jenem Weg verweigert, der für sie vorgezeichnet wurde. Marina Bolzli findet dabei eine Sprache, in der sich die Befindlichkeit ihrer Generation überzeugend spiegelt.
Seit sieben Jahren fügt Franz Dodel im Internet seinem Endlos-Gedicht „Nicht bei Trost» jeden Tag drei Zeilen hinzu. Die offene Form des Blogs kombiniert mit den Regeln des traditionellen japanischen Haikus lässt einen rhythmisch fliessenden Text entstehen, der auch in Buchform durch seinen Gedankenreichtum und die aussergewöhnliche sprachliche Qualität beeindruckt.
Das Buch „Wenn der Mann im Mond erwacht, Ein Regelverstoss“ von Christoph Geiser ist ein skeptisch ironischer Text über den Verlust aller Gewissheiten und Utopien sowie über die Angst vor Resignation und Leere. Die raffiniert (de)konstruierte Sprache von Christoph Geiser sucht nach dem, was reizt und lebendig macht; sie ist „Regelverstoss“ und Erlösung zugleich.
Der Singspieltext „Furcht und Zittern“ von Händl Klaus ist ein musikalisches, rhythmisches und sprachliches Feuerwerk. Händl Klaus verarbeitet das dunkle Thema Pädophilie irritierend leicht und doppelbödig als dämonisches Singspiel voller Leerstellen. Vielschichtige Ebenen verweben sich zu einem durchkomponierten Ganzen und legen Täter- und Opferrollen raffiniert bloss.
In seinem ersten Roman „Hier im Regen“ erzählt Lorenz Langenegger mit zartem Humor und feiner Ironie, wie ein verregneter Nationalfeiertag die Hauptfigur Jakob Walter mit existenziellen Fragen konfrontiert. In Jakob Walter erkennt man sich mit einem Augenzwinkern nur allzu leicht selbst, auch wenn der Protagonist Steuerverwalter ist und ein Nullachtfünfzehn-Leben lebt.
Gerhard Meister wird für zwei aktuelle Theatertexte ausgezeichnet. In „Amerika“ verknüpft er die Geschichte von Schweizer Auswanderern um die Mitte des 19. Jahrhunderts mit heutigen Immigranten-Schicksalen. Mit grosser Fabulierlust bringt er dabei die Klischees der aktuellen Ausländerdebatten ins Wanken. In „Hugos schöner Schatten“ stellt Gerhard Meister die zwei Ausnahmesportler der Fünfzigerjahre Hugo Koblet und Ferdi Kübler einander gegenüber. Im Umfeld des Radsports liefern sich dabei Sinnesfreude und Askese ein erbarmungsloses Duell.
Ein Anerkennungspreis 2009 für die Editionsarbeit von 10’000 Franken geht an Fredi Lerch und Erwin Marti für ihre Herausgabe der Werke von Carl Albert Loosli in sieben Bänden. Mit der hervorragend gestalteten Werkausgabe wird der streitbare Aussenseiter und kämpferische Humanist Carl Albert Loosli endlich auch in der Schweiz „eingebürgert“. Die Dokumentationen und vielfältigen Zusatzinformationen der einzelnen Bände vermitteln zugleich ein reiches und höchst anschauliches Bild der politischen Schweiz in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts.
Die Tourdaten der Lesereihe „Literatour 2009“ aller Ausgezeichneten durch den Kanton Bern:
- Mittwoch, 21. Oktober 2009 um 20 Uhr im St. Gervais in Biel
- Donnerstag, 22. Oktober 2009 um 20 Uhr in der Mediothek Stapfen in Köniz
- Dienstag, 27. Oktober 2009 um 20 Uhr in der Stadtbibliothek Burgdorf
- Mittwoch, 28. Oktober 2009 um 20 Uhr im Chrämerhuus Langenthal
- Donnerstag, 29. Oktober 2009 um 20 Uhr im Museum der Landschaft Saanen in Saanen
- Freitag, 30. Oktober 2009 um 20 Uhr im Raum für Kultur am Fluss in Thun
- Samstag, 31. Oktober 2009 um 20 Uhr im Schlosskeller in Interlaken
- Sonntag, 1. November 2009 um 11 Uhr (Matinee) im Keller-Theater in Langnau
(Pressetext Amt für Kultur / Deutschsprachige Literaturkommission des Kantons Bern, 20. Mai 2009)




