Die SDA-Meldung: «Der Zürcher Tamedia-Verlag hat im Jahr 2008 den Umsatz um 21 Prozent auf 897,5 Millionen Franken gesteigert, was «wesentlich auf die Espace Media Groupe zurückzuführen» sei, wie es im Geschäftsbericht heisst, der am Mittwochmorgen veröffentlicht wurde. Zum Wachstum beigetragen haben auch die Pendlerzeitungen «20 Minuten», «L‹essentiel» (Luxemburg) und «News» sowie die Onlineplattformen Homegate und Newsnetz, berichtete das Unternehmen weiter. Das Ergebnis 2008 liegt mit 105,8 Mio. Fr. um 30 Prozent oder 44,8 Mio. Fr. unter dem Vorjahreswert von 150,6 Mio. Fr. Der Ergebnisanteil an assoziierten Gesellschaften nahm im Berichtsjahr um 5,3 Mio. Fr. auf 0,8 Mio. Fr. ab. Neben den anteiligen Ergebnissen der Berner Zeitung AG und der Bevo AG, die durch die Integration der Espace Media Groupe seit dem vierten Quartal 2007 voll konsolidiert werden, entfällt ab Januar 2008 auch der Ergebnisanteil von Homegate.»
Die Tamedia wirft alles aus dem Haus, was nicht gewinnbringend ist. Früher hat man diese Geschäftspolitik bereits negativ der ESPACE Medien AG zugewiesen, die Übermutter-Tamedia ist darin noch viel härter und seelenloser. Das wissen wir. Und es ist eine Frage der Zeit, vor allem wenn man solche Gewinnrückgänge publiziert, dass die Tamedia in Zürich die Kulturbeilage Züritipp abstellt – so begann alles vor 6 Jahren in Bern. Man munkelt schon lange, dass der Züritipp finanziell nicht rentabel sei und wer aufmerksam die Anzeigen darin studiert, stellt fest, dass viele Inserate Mediendeals mit dem Tagesanzeiger sind. Diese erkennt man am aufgedruckten «Tagesanzeiger-Logo» in den Inseraten.
Bern ist durch unglückliches Verhandlungsgeschick in eine perverse Vorreiterrolle geraten: Die Berner Kulturagenda ist von einem eigenständigen Verein unter der Leitung vom damaligen Kultursekretär Christoph Reichenau aufgebaut worden. 105’000 Franken erhält die Berner Kulturagenda jährlich aus der Stadtkasse direkt. Christoph Reichenau hat die Stadt Bern verpflichtet, zumindest bis im Jahr 2011, pro Jahr 70’000 Franken aus dem stättischen Kulturbudget an die Tamedia zu bezahlen. Sprich: Die stättischen Kulturgelder werden nun für die Subvention von gewinnorientierten Millionenunternehmungen verwendet. Eine neue Art Wirtschaftsförderung? Zusätzlich sind die Kulturinstitutionen per Subventionsvertrag für die Mitgliedschaft bei der «Berner Kulturagenda» verpflichtet worden. Das ist in gewissen Fällen, wie beim Stadttheater Bern, dramatisch: Nur allein diese Mitgliedschaft beträgt jährlich über 50’000 Franken und so fast das gesamte Werbebudget des Theaters – damit ist aber noch kein einziges Inserat gemacht.
Ist der Züritipp also schon bald am Ende? Wird dieser wegradiert und die öffentliche Hand wie in Bern dazu gedrängt, die Tamedia zu subventionieren, damit die Stadt wegen dem verlorenen Kulturteil nicht das Gesicht verliert? Die NZZ hat vor einigen Jahren ihre Kulturpublikation eingestellt und durch ein PR-Lifestyle-Magazin im Hochglanzformat ersetzt. Der Aufschrei der Leserschaft war nicht hörbar.
Es scheint in der Schweiz eine Norm zu werden, dass wir jene Firmen mit Steuergeldern belohnen, welche einerseits für eine Misère verantwortlich sind und andererseits dem Volk etwas wegnehmen. Der Spruch «weniger ist mehr», geht hier zu einseitig auf. Das ist wirtschaftliche Taktik und die Politik ist dem gegenüber machtlos. Ich hoffe auf etwas mehr Weitsicht.
Lukas Vogelsang




