Wundertüte Helfried

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Helfried schaut zwar unschein­bar und staub­trocken aus, es steckt aber so eini­ges in ihm. Das sagt zumin­dest er von sich sel­ber, doch ganz glau­ben mag man ihm das nicht. Er hat auf jeden Fall kla­re und stren­ge Ansichten. Deshalb gab er am gest­ri­gen, fast aus­ver­kauf­ten Abend «Im Hochhaus», der Kleinkunstbühne des Migros-Kulturprozent, erst ein­mal beck­mes­se­risch die Regeln fürs Publikum durch. Keine klin­geln­den Natels, kei­ne Zwischenrufe etc., damit die Doppelstunde, wie er sei­nen Gala-Abend nennt, auch ja nicht gestört wer­de.

Aber auch die lär­mig­sten Zwischenfälle hät­ten Helfried ali­as Christian Hölbling sicher nicht aus dem Konzept gebracht. Sein 10-Jahres Jubiläumsprogramm «Die gros­se Helfried-Gala» ist bis ins Kleinste durch­kom­po­niert. Es ent­hält die besten Nummern Helfrieds und sei­ner Tante Hedwig, sowie die des Entertainers Gerd Schuster und ist ein Feuerwerk kaba­ret­ti­sti­scher Kunst.

Detailversessen

Mit einer unglaub­li­chen Akribie gestal­tet der Österreicher Hölbling sei­ne Show und Charaktere. Da sitzt ein­fach alles: Der schlecht sit­zen­de, brau­ne (auch poli­tisch zu ver­ste­hen!) Anzug Helfrieds oder sein bis ins letz­te Schnalzgeräusch aus­ge­lo­te­ter öster­rei­chi­scher Akzent mit den genüss­lich her­aus­ge­würg­ten, keh­li­gen Konsonanten.

Neben der äus­ser­li­chen Gestaltung sind die Figuren auch cha­rak­ter­lich ein­drück­lich akku­rat gezeich­net. Tante Hedwig lässt trotz ihrer vor­der­grün­di­gen Prüderie kei­nen zwei­deu­tig las­zi­ven Schlenker aus und Helfrieds fie­ser Sarkasmus zeigt sich in einem ver­schmitz­ten Grinsen.

Zurück zur Langsamkeit

Wer tem­po­rei­che Comedy-Abende liebt, ist hier fehl am Platze. Im Gegensatz zu den maschi­nen­ge­wehr­ar­ti­gen Wortkaskaden eini­ger Stand-up-Comedians setzt Hölbling auf Langsamkeit. Genüsslich lan­ge baut er die Pointen auf, und kon­stru­iert mit Feinheiten in Sprache, Gestik und Mimik gros­se Spannungsbögen. So blickt man bei­spiels­wei­se minu­ten­lang gebannt auf das Martiniglas von Gerd Schuster, aus wel­chem bei jeder Bewegung ein Schluck auf den Boden zu schwap­pen droht. Oder aber Helfrieds fast uner­träg­lich lang­sa­me und har­zi­ge Ausdrucksweise, die mit über­ra­schen­den sprach­li­chen Wendungen ver­blüfft.

Auch in den viel­sei­ti­gen musi­ka­li­schen Einlagen über­zeugt Christian Hölbling – sei es als begna­de­ter Falsettsänger in höch­sten Tönen, als nuscheln­der Entertainer oder als prä­zi­se­ster Luftschlagzeug-Spieler. Sowohl sei­ne Gesangstechnik, als auch die lie­be­vol­len und wit­zig dif­fe­ren­zier­ten Begleitmusiken waren ein Hörgenuss. Insgesamt ein Muss für Freunde des fein­sin­ni­gen Humors.

Copyright © 2011 Kulturkritik • Kritische Stimmen zum Zürcher Kulturgeschehen Kulturkritik.ch ist ein Projekt der Plattform Kulturpublizistik • Zürcher Hochschule der Künste (ZHdK)

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