Scheining

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Von Barbara Roelli – Was habt ihr eigent­lich zu Weihnachten bekom­men? Dies beschäf­tig­te beim letz­ten Apéro. Schneeschuhe, einen iPad und alle «Star Wars»-Episoden auf DVD freu­en einen – Wünsche erfül­len sich. Für mehr oder weni­ger geglück­te Überraschungsmomente sor­gen oft Mitbringsel-Geschenke: eine von Indios gefer­tig­te Panflöte mit bun­ten Pompons von der Peru-Reise, oder ein stark­pro­zen­ti­ger Reisschnaps aus China mit ech­ter, ein­ge­leg­ter Schlange in der Flasche. Auch an Verlegenheitsgeschenken fehl­te es an die­sem Weihnachtsfest nicht: Merci(dass es dich gibt)-Schachteln à gogo und…Gutscheine.

Gutscheine für einen Tag in den Bergen, Gutscheine für 5 Mal abwa­schen, Gutscheine für einen Museumsbesuch, Gutscheine für ins Kino. 100 Franken-Gutscheine für den Lieblingsschuhladen. Gutschein. Gut-Schein – ein eigen­ar­ti­ges Wort. Es impli­ziert, dass es posi­tiv ist, einen sol­chen Gutschein zu besit­zen. Ist es auch, solan­ge man das Verfallsdatum im Auge behält. Irgendwo lau­ert näm­lich so ein Datum. Unten rechts, kaum zu lesen ohne Lupe.
Ich las­se Gutscheine regel­mäs­sig ablau­fen. Es ist nicht so, dass mich das, wofür die Gutscheine gut sind, nicht inter­es­siert. Aber die Gutscheine lan­den nach dem Datum des Schenkens in einem Mäppli. Und bis mich das Mäppli wie­der fin­det, ver­geht so eini­ge Zeit. Und dann ergibt sich fol­gen­de Szene: Oh wie schön, ein Wellness-Gutschein! Für zwei Personen, mit Massage, Dampfbad und Sauna, im Wert von 300 Franken… Scheisse! Der Gutschein war nur ein Jahr gül­tig. Dasdarfjanichtwahrseinwiekonnteichdasnurverpassenwieärgerlichistdenndas?! Doch die 300 Franken ein­fach so kampf­los auf­ge­ben? Sicher nicht. Ich bin ent­schlos­sen, die­sen Gutschein, der für mich ganz per­sön­lich aus­ge­wählt wur­de, zu ver­tei­di­gen.

Ich mai­le:

Sehr geehr­te Geschäftsleitung

Ich gelan­ge mit einer Frage an Sie. Im 2006 habe ich einen Gutschein für Ihr Wellness-Programm geschenkt bekom­men. Meine Arbeitskolleginnen und ‑kol­le­gen haben mir die­sen Gutschein geschenkt, als Abschluss, weil ich die Stelle wech­sel­te. Immer wie­der ist mir die­ser schö­ne Gutschein in den Sinn gekom­men – aber erst vor­hin hielt ich ihn end­lich wie­der in den Händen. So ger­ne wür­de ich die­ses Geschenk nun ein­lö­sen und das römisch-iri­sche Bad, die Saunalandschaft und eine Öl-Massage in Ihren Räumen erle­ben. Ist die­ser tol­le Gutschein noch gül­tig? Mir ist bewusst, dass mei­ne Anfrage reich­lich spät kommt. Umso mehr wür­de ich mich über ein «Ja» Ihrerseits enorm freu­en! Denn dies war ja auch die Idee mei­ner Arbeitskollegen – mir mit die­sem Gutschein eine Freude zu berei­ten.

Auf Ihre Antwort war­te ich gespannt und grüs­se Sie freund­lich.

Meine Bitte wird innert kür­ze­ster Zeit erhört: Man gewäh­re Kulanz, ich kön­ne den Gutschein immer noch ein­lö­sen, sol­le mich doch mög­lichst bald mel­den. Glück gehabt.
Mir kommt ein ande­rer Gutschein in die Hände. Einer, der noch älter ist, über 10-jäh­rig, von mei­ner besten Freundin. Wir gaben uns damals ande­re Namen.

Liebe Heike

Zu Deinem längst ver­gan­ge­nen Geburtstag wün­sche ich natür­lich nur das Beste! Und wür­de Dich ger­ne zu einem Heike & Gundel Breakfast at Gundel’s einladen…bei Sekt, Lachs, Getratsche mit Gurkenmaske und Plüschfinken! Dicker Kuss für mei­ne beste

Freundin, Gundel

Ich fra­ge mich, ob Gundel mir auch Kulanz gewährt; viel­leicht bei einem Apéro.

Foto: zVg.
ensuite, Februar 2014

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