«The Wolf of Wall Street»

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Von Sandro Wiedmer – Seine Meisterschaft als Regisseur hat Martin Scorsese schon in vie­len Genres bewie­sen – in sei­nem neu­en Werk ver­bin­det er gleich drei davon: Gangsterfilm, Biopic und schwar­ze Komödie in einem, erzählt «The Wolf of Wall Street» die wah­re Geschichte von Jordan Belfort – nach des­sen gleich­na­mi­ger Autobiographie.

Diese Geschichte ist so dra­stisch und ver­rückt, dass sie kaum erfun­den wer­den könn­te: In der Tat basiert sie auf der Erzählung eines klei­nen Brokers in New York, wel­cher im Alter von 24 Jahren auf der Strasse steht, weil die Firma für die er zwei Jahre gear­bei­tet hat bank­rott gegan­gen ist. Der ambi­tiö­se jun­ge Mann fin­det einen neu­en Job bei einer ande­ren Makler-Firma, für die er bald zu erfolg­reich ist: er grün­det sein eige­nes Unternehmen Stratton Oakmont, mit wel­chem er wächst und wächst, bis er mit um die 1000 Angestellten und als Vertretung von über 35 Konzernen zu den gros­sen Namen an der Wall Street gehört. Seine Spezialität ist lan­ge die «Pump & Dump»-Technik: Grosse Investoren wer­den über­re­det, ihr Geld in klei­ne­re und mitt­le­re Geschäfte zu inve­stie­ren, deren Wert ent­spre­chend steigt bis zum Punkt, da er als Zwischenhändler sei­ne Beteiligung mit dem gröss­ten mög­li­chen Profit abstösst – Kundschaft und Investoren haben das Nachsehen, und selbst­re­dend erst recht die klei­nen Leute, wel­che in den fal­len gelas­se­nen Unternehmen gear­bei­tet haben und nun ihrer­seits auf der Strasse ste­hen. Selbstredend küm­mert das unse­ren Jung-Unternehmer nicht, auch wenn er sei­ner­seits ein­mal in der sel­ben Lage gewe­sen ist: Inzwischen ist er mei­len­weit von die­sen Leuten ent­fernt, hat mit ihrem Schicksal rein gar nichts zu tun.

Der wirk­li­che Jordan Belfort gibt an, dass sein gros­ses Vorbild Gordon Gekko gewe­sen sei – der betrü­ge­ri­sche Makler aus Oliver Stones «Wall Street» (1987). Dass Scorseses Film zu ähn­lich miss­li­chen Interpretationen füh­ren könn­te ist wohl aus­ge­schlos­sen: Er kon­zen­triert sich, mehr als auf die Gier, die Michael Douglas als Gekko zur Triebkraft sei­nes Tuns erho­ben hat, auf den deka­den­ten Lebenswandel sei­nes von Leo DiCaprio gross­ar­tig dar­ge­stell­ten Protagonisten, mit Drogenexzessen, Prostituierten und dem Verlust jeg­li­cher Moral, der Menschenverachtung und Arroganz, die ihn immer mehr in die Kriminalität abglei­ten las­sen. (Jawohl, auch der Banker aus der Schweiz, der ihn in Sachen Geldwäscherei berät darf nicht feh­len.) Der bit­ter­bö­se Humor hin­ter dem Ganzen ist, dass hier nichts als die Wahrheit erzählt wird, wie sie Belfort in sei­nen Memoiren scho­nungs­los fest­hält – und wenn wir beden­ken, dass sich selbst nach 2008 nichts dar­an geän­dert hat, dass die in oft urko­mi­schen Szenen beschrie­be­ne Welt wei­ter­hin besteht als hät­te es nie einen Crash gege­ben, kann das Lachen schon mal fast im Hals stecken­blei­ben. – Der Film wur­de nicht von Hollywood pro­du­ziert: Empfindsame Gemüter sei­en vor der Darstellung von unge­zü­gel­tem Drogenkonsum, unge­hemm­ten Sex-Szenen und über­aus der­ber Sprache gewarnt – eben­so unge­wohnt in einem Streifen aus den Staaten wie des­sen Dauer von run­den drei Stunden.

Übrigens: nach sei­nem Gefängnis-Aufenthalt hat Belfort eine Karriere als Unternehmensberater und Motivationstrainer begon­nen: Die Welt ist noch in Ordnung…

«The Wolf of Wall Street», USA 2013, Regie: Martin Scorsese, mit Leo DiCaprio, Jonah Hill, Matthew McConaughey, Margot Robbie u.a.

Foto: zVg.
ensuite, Januar 2014

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