21 Jahre Galerie Rigassi – und noch viel mehr

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Von Bernhard Bischoff -

Wird man ange­fragt über die Arbeit eines Kollegen zu schrei­ben, so kann das dann wie ein Nachruf tönen. Doch alles ande­re ist hier ange­bracht: ein Rückblick und ein Ausblick auf das Weiterbestehen einer über 20-jäh­ri­gen Berner Kunstinstitution. Wenn ich als jun­ger Mann die Münstergasse im lin­ken Laubengang Stadt abwärts fla­nier­te, blieb ich oft vor den Schaufenstern einer Galerie ste­hen. Drinnen sass ein ele­gan­ter Herr am Tisch, geschäf­tig am Telefon gesti­ku­lie­rend oder über den Computer gebeugt – stets den obli­ga­ten Zigarillo in der Hand. Das sei «Rigassi», hiess es. An den Wänden hin­gen Grössen, die ich aus der Zeitung kann­te: Penck, Rainer und wie sie alle hies­sen. Reingetraut habe ich mich nicht.

Später, als ich sel­ber mei­ne Galerie eröff­ne­te, war «Rigassi» einer von denen, die mich sehr warm im Verein Berner Galerien emp­fan­gen haben.

Rigassi ist ein gewief­ter Geschäftsmann und Galerist. Unermüdlich hat er sich für Bern und die Kunst in Bern ein­ge­setzt. Er fand Künstler Innen gut – oder schlecht. Die «Guten» pfleg­te und heg­te er, für die ande­ren inter­es­sier­te er sich nicht. Aber nicht nur die Zusammenarbeit mit den KünstlerInnen und KundInnen erfüll­te ihn, nein, dar­über hin­aus enga­gier­te er sich für Projekte, die den Galerierahmen spreng­ten. Unvergessen blei­ben sei­ne Aktionen auf dem Münsterplatz und in der Münstergasse – etwa im ver­gan­ge­nen Jahr mit der gros­sen Wasser-Installation von Julius Popp. Er war aber auch Mit-Initiant der Skulpturenausstellungen in der Villa Mettlen in Muri bei Bern. Als Präsident des Vereins Berner Galerien setz­te er neue Impulse – und half mit sei­nem uner­müd­li­chen Einsatz für Sponsoring mit, dass ambi­tio­nier­te Projekte, wie das Berner Galerien-Wochenende, über­haupt statt­fin­den konn­ten. Immer ein Verfechter der kri­ti­schen Kulturberichterstattung unter­stütz­te er von Anfang die neue Kulturzeitschrift «ensuite», und setz­te als Mitgründer des «R&R»-Preises für Kunstjournalismus ein kla­res Zeichen für jun­ge Medienschaffende im Kulturbereich.
Er, der erst mit 51 Jahren beschloss Galerist zu wer­den, fand nach 21 Jahren Arbeit und gegen 150 Ausstellungen und Messebeteiligungen mit über 120 KünstlerInnen, er möch­te nun ein biss­chen kür­zer tre­ten. Rigassi wäre nicht Rigassi, wenn er nicht auch die­sen Schritt minu­ti­ös geplant hät­te. Er hat­te ver­schie­de­ne Angebote sei­ne Galerie abzu­ge­ben; ent­schied sich jedoch, eine Lösung in Bern zu orga­ni­sie­ren. Er woll­te noch mit einem Bein in sei­nem zwei­ten Lebenswerk (das erste, ein Erfolgsgeschäft im Bereich Lifestyle, gab er ja für die Galerie auf) aktiv blei­ben – das hät­ten wohl ande­re Übernahmeinteressierte nicht gewollt. Mit der aktu­el­len Präsidentin des Vereins Berner Galerien, Marianne Reich, fand er eine Nachfolgerin, die bereit war, sich auf das Experiment mit Rigassi als «Kurator» der Galerie ein­zu­las­sen. Gut für Rigassi, gut für Bern. Uns bleibt so ein unkon­ven­tio­nel­ler Querdenker, ein (Raphael möge mir den Ausdruck ver­zei­hen) «Kunst-Querulant» – aber vor allem und in erster Linie ein Kunst- und KünstlerInnenfreund erhal­ten – hof­fent­lich noch lan­ge.

Bernhard Bischoff: Wieso hast Du eigent­lich eine Galerie eröff­net, nach­dem Du doch sehr erfolg­reich im Bereich Mode und Styling tätig warst?

Raphael Rigassi: Ich war im Job sehr ein­ge­spannt – und fühl­te mich irgend­wie aus­ge­brannt. Immer schon inter­es­sier­te ich mich für Kunst und sam­mel­te lei­den­schaft­lich Werke, etwa der «Neuen Wilden». Ich fand einen Käufer für mein Geschäft und dach­te mir, dass eine Galerie doch genau das Richtige für mich sei.

Du kann­test etli­che KünstlerInnen als deren Sammler – wie ging das denn mit der Suche nach geeig­ne­ten Kunstschaffenden?

Ich rief etwa Arnulf Rainer an und frag­te ihn, ob er mit­ma­che – Ja. A.R. Penck – Ja. Und so ging es wei­ter – und mein erstes Programm war zusam­men. Ich muss­te natür­lich viel ler­nen, habe vie­le Fehler gemacht; aber das brach­te mich wei­ter und moti­vier­te mich, noch inten­si­ver zu arbei­ten. Ich schätz­te es immer, mich mit KollegInnen aus­zu­tau­schen, mit den KünstlerInnen auch zu fei­ern – mit den mei­sten habe ich noch heu­te eine super Beziehung.

Du bist doch als pickel­har­ter Verhandlungspartner bekannt und gefürch­tet?

Ja, wenn ich mich für eine Sache ein­set­zen kann, etwa Sponsoren suchen für den Verein Berner Galerien oder SammlerInnen von mei­nen KünstlerInnen über­zeu­gen, dann kann ich schon forsch auf­tre­ten. Aber im Innersten bin ich der unsi­che­re, selbst­kri­ti­sche Raphael, der immer das Beste will – und dann auch schlecht mit Kritik umge­hen kann.

Was sind denn Deine schön­sten Erinnerungen an 21 Jahre Galerietätigkeit?

Ui, da gibt es vie­le. Ich fand es immer wich­tig, mich via Kunst für ande­re ein­zu­set­zen – so zum Beispiel anläss­lich einer Benefizauktion zugun­sten von «Fragile Suisse». Die prä­gen­den Momente mei­ner Arbeit waren aber ein­fach die wun­der­ba­ren Begegnungen mit den KünstlerInnen, die Gespräche mit KundInnen und mit GaleriebesucherInnen. Dass ich mit mei­ner Frau Barbara eine ver­ständ­nis­vol­le Partnerin und Mitstreiterin an mei­ner Seite habe, ist ein gros­ses Glück.

Nun wirst Du «Kurator» Deiner Galerie, die nicht mehr Deine Galerie ist. Wie wird das gehen?

Mit Marianne Reich fand ich eine Nachfolgerin, die bereit ist, in Zukunft mit mir zusam­men zu arbei­ten. Ich freue mich auf den Austausch; aber auch dar­auf, nicht mehr für alles ver­ant­wort­lich sein zu müs­sen. Mein «Kind», mei­ne Galerie ist in guten Händen – und wird auch in Zukunft aktiv sein für einen tol­len Kunststandort Bern.

 

Foto: zVg.
ensuite, Dezember 2013

 

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