Argo

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Von Sonja Wenger – Es mag nur eine Fussnote in der Geschichte dar­stel­len, doch die wah­ren Begebenheiten, auf denen Ben Afflecks neu­er Spielfilm «Argo» basiert, sind – im posi­ti­ven Sinne – haar­sträu­bend. Der Film beginnt Anfang November 1979, als im Zuge der isla­mi­schen Revolution ira­ni­sche Studenten die US-Botschaft in Teheran besetz­ten und dabei 52 Diplomaten als Geiseln nah­men. Kurz vor der Besetzung konn­ten sechs der Botschaftsangestellten flie­hen und fan­den in der kana­di­schen Botschaft Unterschlupf.

Der US-Geheimdienst CIA beauf­trag­te Tony Mendez, einen Spezialisten für ver­deck­te Operationen, mit der Aufgabe, einen Plan für die Ausreise der sechs Amerikaner aus­zu­ar­bei­ten. Unter dem Codenamen «Canadian caper» und mit einer unge­heu­ren Portion Chuzpe, sowie der tat­kräf­ti­gen Unterstützung von Hollywoodproduzenten, puz­zel­te Mendez eine Geschichte zusam­men, in denen die sechs Teil einer Filmproduktion sei­en und im Iran nach exo­ti­schen Drehorten such­ten.

Unter abso­lu­ter Geheimhaltung, bei der auch die US-Medien mit­spiel­ten, die von der Sache Wind gekriegt hat­ten, gelang es Mendez und sei­nen mit kana­di­schen Pässen aus­ge­stat­te­ten Schutzbefohlenen, sich unter den miss­traui­schen Augen der revo­lu­tio­nä­ren Garde aus dem Land zu steh­len. Nach ihrer Rückkehr wur­de die Geschichte publik, und die Kanadier eupho­risch als Freunde der USA gefei­ert – zumin­dest solan­ge, bis die CIA die Sache der Geheimhaltung unter­stell­te. Erst 1997 wur­den die Akten frei­ge­ge­ben.

Es braucht wenig Fantasie um das Potenzial in die­ser Geschichte zu erken­nen: eine Steilvorlage für gute Unterhaltung. Doch Affleck hat in sei­ner drit­ten Regiearbeit noch einen drauf­ge­setzt und dar­aus einen hoch­in­tel­li­gen­ten, bis zur letz­ten Minute span­nen­den, berüh­ren­den, und teil­wei­se mit raben­schwar­zem Humor aus­ge­stat­te­ten Film gemacht, der stets aufs neue über­rascht. Hinzu kommt, dass es ihm gelun­gen ist, jenes unschlag­ba­re Flair der Politthriller der sieb­zi­ger Jahre wie­der auf­le­ben zu las­sen, wie sie etwa der Regisseur Alan Pakula so wun­der­bar hin­brach­te. In die­sen Filmen erga­ben Dialoge noch einen Sinn, lau­er­te in jedem Winkel eine Verschwörung statt eine Kamera, war die Weltordnung noch klar gere­gelt, und ver­hiel­ten sich die Menschen noch wie Menschen – und nicht wie Supersoldaten.

Der star­ke Fokus auf die Charaktere in «Argo» ist denn auch das A und O des Films. Autor Chris Terrion basier­te sein Drehbuch zu einem gros­sen Teil auf einem Artikel von 2007 über den Fall «Canadian caper» im Magazin «Wired». Doch statt nur die Ereignisse nach­zu­er­zäh­len ist es ihm her­vor­ra­gend gelun­gen, der Motivation, den Ängsten, der Kreativität, aber vor allem der Menschlichkeit aller Protagonisten aus­rei­chend Raum zu geben.

Eine sen­sa­tio­nel­le Besetzung tut das ihre, aus «Argo» ein kurz­wei­li­ges Kinovergnügen zu machen. Allen vor­an dür­fen Alan Arkin und John Goodman als Hollywoodproduzenten, die den fik­ti­ven Film «Argo» betreu­en, aus dem vol­len schöp­fen – und dabei die mei­sten Lacher ein­heim­sen. Brian Cranston spielt Mendez’ Vorgesetzten bei der CIA, Victor Garber den kana­di­schen Botschafter, und Affleck hat sich die Rolle von Mendez geschnappt, die trei­ben­de Kraft vor wie hin­ter der Kamera.

Ohne Zweifel wird «Argo» – der auch am dies­jäh­ri­gen Zürich Filmfestival gezeigt wur­de – Affleck end­lich die ver­dien­ten Lorbeeren besche­ren, und ihn ein für alle Mal vom Playboy Image sei­ner frü­he­ren Jahre erlö­sen. Bereits machen Gerüchte für eine Oscar-Nomination die Runde. Und das ver­dien­ter­wei­se.

«Argo», USA 2012. Regie: Ben Affleck. Länge: 120 Minuten.

Foto: zVg.
ensuite, November 2012

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