James Bond – Skyfall

Von

|

Drucken Drucken

Von Sonja Wenger – «Dies ist das Ende», singt Adele im Titellied des neu­en James Bond-Films «Skyfall». Und in der Tat ist es das Ende der Bond-Filme, wie wir sie bis­her gekannt haben. «Skyfall» been­det die Diskussion dar­über, ob Bond in unse­rer moder­nen Welt noch einen Platz hat: Nie waren Bonds alt­mo­di­sche Werte so wich­tig wie heu­te; nie war Bond stär­ker als in sei­nen schwäch­sten Momenten in «Skyfall», in denen er fal­len gelas­sen wird; und nie war ein Bond coo­ler, als jener, der sich in «Skyfall» sei­ner eige­nen Vergangenheit stellt.

Regisseur Sam Mendes hat Ungewöhnliches gelei­stet indem er ohne Berührungsängste Vertrautes und Experimentelles, Humorvolles und Düsteres, Rasantes und Ruhiges in einen Shaker warf und zu einem neu­en Ganzen mix­te, das es in sich hat. Zwar wird Craigs erster Bond-Film «Casino Royale» von 2006 in Bezug auf Ton und Tempo auch auf wei­te­res unschlag­bar blei­ben, doch «Skyfall» ist ihm hart auf den Fersen und lässt die Vergangenheit end­gül­tig hin­ter sich.

Beinahe uner­träg­lich wir­ken dabei im Rückblick die Bond-Filme, in denen lächer­li­chem tech­ni­schem Schnickschnack der Vorzug vor Bonds Psychogramm oder sei­nen klas­si­schen Kampfmethoden gege­ben wur­de. «Skyfall» hat nun noch ein­mal neue Standards gesetzt, und er hat sei­nem Helden jene Klasse zurück­ge­ge­ben, für die er einst berühmt wur­de – und die nur wenig mit Luxushotels und Edelanzügen zu tun hat. Gerade loya­le Bond-Fans wer­den dabei voll auf ihre Kosten kom­men. So sehr, dass sie auch eine gewis­se dra­ma­tur­gi­sche Länge im letz­ten Drittel des Films leich­ten Herzens ver­zei­hen wer­den.

Der Film beginnt – wie gewohnt vor dem Vorspann – ful­mi­nant. Bonds letz­te Mission in Istanbul geht gewal­tig schief. Sie scheint ihn gar das Leben zu kosten, als sei­ne Chefin M den Befehl gibt, auf Bond zu schies­sen um zu ver­hin­dern, dass eine Liste mit den Namen von Undercover-Agenten gestoh­len wird. Erst Monate spä­ter mel­det sich ein ver­härm­ter, schlecht reha­bi­li­tier­ter Bond zurück zum Dienst, nach­dem der bri­ti­sche Geheimdienst MI6 das Ziel eines Bombenanschlages wur­de. Eine Regierungskommission hin­ter­fragt dar­auf­hin M’s Arbeit und den Sinn eines Geheimdienstes auf schärf­ste. Bald stellt sich her­aus, dass hin­ter den Anschlägen ein Soziopath namens Silva steckt, der über die Fähigkeit ver­fügt, sich in die Computersysteme von MI6 zu hacken, und der einen spe­zi­el­len Groll gegen M hegt. Bond muss sich auf alte Spionagetricks besin­nen, um M zu beschüt­zen. Ihre gemein­sa­me Flucht vor Silva führt sie in die nebel­ver­han­ge­nen Highlands von Schottland, und damit direkt in Bonds lan­ge ver­dräng­te Vergangenheit. Mit fata­len Folgen.

Nicht nur das Ende von «Skyfall» bie­tet eine hand­fe­ste Überraschung. Auch sonst war­tet das Drehbuch von John Logan, Neal Purvis und Robert Wade mit eini­gen gewag­ten Wendungen auf. Und die sen­sa­tio­nel­le Kameraführung von Roger Deakins stellt sicher, dass die exo­ti­schen und teils gro­tes­ken Drehorte – unter ande­rem in Macau, Shanghai und Schottland – im Film eine eige­ne Rolle spie­len. Regisseur Mendes hat bei «Skyfall» zudem in einem Ausmass auf die Fähigkeiten sei­ner Hauptdarsteller Daniel Craig, Judi Dench und Javier Bardem ver­traut, dass es eine Freude ist, dem Schauspiel zuzu­se­hen. Ralph Fiennes als M’s Vorgesetzter mit uner­war­te­ter Berufung, Ben Withsaw als neu­er Q mit Sinn fürs Wesentliche, und Naomi Harris als Bonds MI6-Kollegin Eve, ergän­zen das Team per­fekt.

Nicht nur kämpft Craigs Bond mit den Tücken des Alters und der Bürde der Erfahrung. Dench als M spielt sich um ihr Leben, und Bardem als Bonds bizar­re Nemesis Silva ist eine von Grund auf gestör­te Seele. Blofeld und Co. mit ihren abstru­sen Weltmachtfantasien müs­sen ein für alle­mal ein­packen. In «Skyfall» geht es um Wichtigeres. Es geht um die älte­sten Beweggründe für das Handeln der Menschen: Um Liebe, Respekt und Loyalität. Werte, die auch in unse­rer rea­len Welt wie­der zuneh­mend an Bedeutung gewin­nen.

Entsprechend trifft der Film den Puls unse­rer Zeit prä­zi­se. Er wird sich – genau wie Adeles Titellied mit Ohrwurmqualität – in unse­ren Hirnwindungen fest­set­zen, und uns immer mehr ans Herz wach­sen. Das ist gut so. Denn der Film ver­spricht, dass «James Bond zurück­kom­mem wird» – end­gül­tig wie­der­auf­er­stan­den, wie­der­be­lebt, wie­der im Dienst. Fünfzig Jahre James Bond wird 2012 gefei­ert. Nun heisst es «zurück auf Start». Das ist elek­tri­sie­rend!
«James Bond – Skyfall», Grossbritannien/USA 2012. Regie: Sam Mendes. Länge: 143 Minuten.

Foto: zVg.
ensuite, November 2012

Einen Text gelesen und der hat gefallen? Spende per TWINT ein paar Franken - ohne Abo, aber mit gutem Gewissen. Geht doch auch.



Newsletter

Unsere Newsletter kommt nicht oft und nur dann, wenn etwas wichtig ist. Sie können sich jederzeit wieder abmelden.




Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch die Schweizer-Newsletter-Software von «ensuite» einverstanden. (CH-Server)

logo