My Week with Marilyn

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Von Sonja Wenger – «Kleinen Mädchen soll­te man nicht sagen, dass sie hübsch sind, son­dern wie sehr ihre Mutter sie liebt.» – Marilyn Monroe

Er hat an nichts ver­lo­ren! Fast fünf­zig Jahre nach dem Tod von Marilyn Monroe im August 1962 lebt der Mythos um ihre Person wei­ter. Moderne «Sexbomben Hollywoods» schei­nen kurz­le­big und aus­tausch­bar. Doch noch immer kennt fast jeder Marilyn Monroe. Der ein­zi­ge Unterschied: Zu ihren Lebzeiten spiel­te sie in zau­ber­haf­ten Filmen wie «Some Like it Hot», «How to Marry a Millionaire» oder «The Prince and the Showgirl». Heute bie­tet Monroes Leben Stoff für zau­ber­haf­te Filme.

«My Week with Marilyn» ist solch ein zau­ber­haf­ter Film. Die Geschichte basiert auf der auto­bio­gra­fi­schen Erzählung des bri­ti­schen Dokumentarfilmers und Schriftstellers Colin Clark, der 1957 als Assistent des Regisseurs und Schauspielers Sir Laurence Olivier arbei­te­te. Olivier dreh­te damals mit Marilyn Monroe in London die leicht­füs­si­ge Komödie «The Prince and the Showgirl».

Clark beschreibt in sei­nem Buch «The Prince, the Showgirl and Me: The Colin Clark Diaries» zum einen sein inti­mes Verhältnis wäh­rend den Dreharbeiten mit Monroe, die kurz zuvor ihren drit­ten Ehemann, den US-Bühnenautor Arthur Miller gehei­ra­tet hat­te. Er spielt dar­in aber auch die «Fliege an der Wand» und gibt noch heu­te Witziges und Entlarvendes über die ande­ren Ensemblemitglieder und die Welt des Films preis.

Mit «My Week with Marilyn» ist Drehbuchautor Adrian Hodges und Regisseur Simon Curtis der deli­ka­te Balanceakt gelun­gen, dar­aus einen warm­her­zi­gen Film zu schaf­fen, der weder urteilt noch bloss­stellt, und der den­noch nie­man­den schont. Vielmehr ist es die Umsetzung der zwar äus­serst sub­jek­tiv aber plau­si­bel dar­ge­stell­ten Erinnerungen von Clark. Besonders die Szenen mit Olivier decken sich mit des­sen auto­bio­gra­fi­schen Erzählungen. Und Monroes erra­ti­sches und unzu­ver­läs­si­ges Verhalten auf den Filmsets war bereits damals all­ge­mein bekannt – und berüch­tigt.

Wer sich den­noch dar­auf ein­liess, wur­de jedoch mit einer Schauspielerin belohnt, die einem laut Olivier zwar «um den Verstand brach­te», aber gleich­zei­tig ihre Rollen über­wäl­ti­gend gut spiel­te – wenn sie denn zu den Dreharbeiten auf­tauch­te – und die von der Kamera geliebt wur­de wie kaum eine Zweite. Dies sind wohl die wich­tig­sten Gründe, war­um es einem bei ihren Filmen auch heu­te noch warm ums Herz wird.

Der Grund, wes­halb «My Week with Marilyn» über einen ähn­li­chen Charme ver­fügt wie die Diva, liegt eben­falls in der Besetzung. So ist die US-Schauspielerin Michelle Williams, die durch ihre Rolle in «Brokeback Mountain» bekannt wur­de, ein abso­lu­ter Glücksgriff. Sie ver­kör­pert Monroe mit einer Ehrlichkeit, Authentizität und Leichtigkeit, die einen nur ahnen lässt, wie viel Arbeit sie hin­ein­ge­steckt hat. Alles stimmt hier: Die Stimme (Williams singt im Film zwei Monroe-Lieder sel­ber), Mimik, Gestik – oder Marilyns unver­gleich­li­cher Gang. Jemand liess sich gar zur Aussage hin­reis­sen, dass Williams die schö­ne­re Monroe der bei­den sei.

Doch auch die rest­li­che Besetzung ist vom Feinsten. Eddie Redmayne gibt dem jun­gen Colin Clark einen über­aus sym­pa­thi­schen und gleich­zei­tig abge­klär­ten Charakterzug, der ver­ständ­lich macht, wes­halb sich Monroe zu ihm hin­ge­zo­gen fühl­te. Kenneth Branagh, der zu Beginn sei­ner Karriere oft als Nachfolger von Sir Laurence Olivier gehan­delt wur­de, spielt den Regisseur und Schauspieler, für den Monroes Verhalten eine har­te Belastungsprobe bedeu­tet und des­sen Selbstbild dabei ziem­lich auf den Kopf gestellt wird.

Julia Ormond ver­kör­pert Oliviers dama­li­ge Ehefrau Vivien Leigh, die zwi­schen Eifersucht und Verständnis schwankt. Dougray Scott haucht in sei­nen weni­gen Szenen Arthur Miller viel Leben ein. Und die bri­ti­sche Schauspiellegende Judi Dench, Emma Watson (frisch aus der «Harry Potter-Serie»), Dominic Cooper («Mamma Mia!)» oder Zoë Wanamaker (wun­der­bar als Monroes Schauspielcoach Paula Strasberg) machen das Ganze erst zu einer run­den Sache.

So viel Talent brauch­te es aller­dings, denn es ist kei­ne leich­te Sache, Monroes inner­lich zer­ris­se­nes, unsi­che­res Wesen ohne Voyeurismus und ohne Sensationsgier auf die Leinwand zu brin­gen, und in das Gesicht von Norma Jeane Baker zu blicken, wie Monroe wirk­lich hiess. Norma Jeane war eine jun­ge Frau, die dar­un­ter litt, ohne ihre Eltern auf­ge­wach­sen zu sein, und die es nach Liebe, Aufmerksamkeit und Schutz dür­ste­te – um jeden Preis.

Der Film zeigt aber ein­drück­lich, dass Marilyn eine wesent­lich kom­ple­xe­re Persönlichkeit ihr eigen nann­te als all­ge­mein dar­ge­stellt. Zwar tau­melt Williams’ Monroe erwar­tungs­ge­mäss zwi­schen him­mel­hoch jauch­zend und zu Tode betrübt, zwi­schen einem von Pillen ver­schlei­er­ten Blick und unbe­schwer­ter Fröhlichkeit – stets glück­lich und unglück­lich zugleich. Doch Branaghs Olivier fasst noch einen wei­te­ren Aspekt in die rich­ti­gen Worte: «Diese Frau ist hart im Nehmen. Sie muss es sein, sonst hät­te sie es in Hollywood nicht so weit gebracht.»

«My Week with Marilyn». Grossbritannien 2011. Regie: Simon Curtis. Länge: 101 Minuten.

Foto: zVg.
ensuite, Mai 2012

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