Iron Sky

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Von Sonja Wenger – Die Geschichte von «Iron Sky» hat es in sich: Eine Gruppe von Nazis ist nach dem Zweiten Weltkrieg auf die Rückseite des Mondes geflo­hen und hat dort eine Kolonie auf­ge­baut, in der alles noch wie anno 1945 aus­sieht und in der sie seit­her unge­stört von der Weltherrschaft wei­ter­träu­men konn­te. Im Jahre 2014 wird ihr Friede jedoch durch eine Mondmission gestört. Die Nazis neh­men den schwar­zen Astronauten James Washington gefan­gen und sind dank der Leistungsfähigkeit sei­nes Smartphones nun end­lich in der Lage, ihr Raumschiff «Götterdämmerung» zu star­ten und damit die Erde zurück­zu­er­obern.

Der Angriff des Nazi-UFOs kommt der US-Präsidentin, die Sara Palin ver­teu­felt ähn­lich sieht, gera­de recht, da sie sich im Wahlkampf befin­det und schliess­lich «jeder Präsident wie­der­ge­wählt wird, der in sei­ner Amtszeit einen Krieg vom Zaun bricht». Entsprechend wird mili­tä­risch geklotzt, um die Träume von Hitler-Nachfolger Wolfgang Kortzfleisch (unter­ver­kauft: Udo Kier) sowie sei­nem ambi­tio­nier­ten Nachrichtenübermittlungsoberführer Klaus Adler (geni­al: Götz Otto) ins All zurück­zu­bom­ben.

Dazwischen gibt es aller­hand Klischee-Rei-terei, Uniformen-Erotik, sowie haar­sträu­ben­de Wahlkampfpolitik. Renate Richter (Julia Dietze), «Erdfachfrau» und Adlers Verlobte, wird zudem geläu­tert, als sie mit Hilfe des geflo­he­nen Washington den wah­ren Hintergrund der Naziideologie erfährt. Welche Rolle dabei Charlie Chaplins Film «Der gros­se Diktator» spielt, ist eine eige­ne Abhandlung wert.

Starker Tobak also. Wenig über­ra­schend war es des­halb, dass «Iron Sky» bei der Uraufführung an der dies­jäh­ri­gen Berlinale für Aufruhr sorg­te. Vom «Befreiungsschlag für den deut­schen Film» bis hin zu «geschmack­los» war alles zu hören. Auch nach sie­ben Jahrzehnten scheint für vie­le eine Satire über Nazis Tabu.

Entsprechend han­delt es sich bei dem Film um eine fin­nisch-deut­sche-austra­li­sche Koproduktion, die in Deutschland nicht zu finan­zie­ren gewe­sen wäre, und die laut Regisseur Timo Vuorensola aus einem «dum­men Witz beim Saunabesuch» ent­stand. Der Film wur­de teil­wei­se durch das soge­nann­te Crowdfunding finan­ziert, bei dem sich Fans mit klei­nen Summen betei­li­gen kön­nen und dafür exklu­si­ven Einblick in die Entstehung der Produktion erhal­ten. Dabei konn­te Vuorensola auf eine gros­se Fangemeinde sei­nes ersten Kurzfilms «Star Wreck: In the Pirkinning» von 2005 zäh­len.

Das Resultat kann sich sehen las­sen: «Iron Sky» ist bös­ar­tig, wit­zig, mutig, gut gespielt und die Spezialeffekte kön­nen mit Big-Budget-Produktionen aus Hollywood mit­hal­ten. Und wer auch bei die­sem «Befreiungsschlag» noch tie­ri­schen Ernst aus­macht, dem sei ein Zitat von Peter Ustinov ent­ge­gen­ge­hal­ten: «Dem Bösen lacht man am Besten ins Gesicht.»

«Iron Sky». Finnland/Deutschland/Australien 2011. Regie: Timo Vuorensola. Länge: 93 Minuten.

Foto: zVg.
ensuite, April 2012

 

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