«Geranien im Ghetto»

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Von Karin Meier – ein Theaterstück über Janusz Korczak: Die Kirchgemeinde Bern-Johannes zeigt, wie weit Freiwilligenarbeit gehen kann: Die Veranstaltungsreihe um den Kinderarzt, Schriftsteller, Pädagogen und Waisenhausleiter Janusz Korczak kam nur dank gros­sem Einsatz aller Mitarbeitenden zustan­de.

Haben Sie schon ein­mal von Janusz Korczak gehört? Nein? Dann geht es Ihnen wohl wie vie­len. Zu vie­len, fand Pfarrer Jürg Liechti-Möri: Er beschloss, dies mit einer vier­wö­chi­gen Veranstaltungsreihe zu ändern. Dass dies über­haupt mög­lich wur­de, ist dem Einsatz der Mitarbeitenden der Kirchgemeinde Johannes zu ver­dan­ken. Das Wichtigste vor­ab: Korczak wur­de um 1878 in Warschau gebo­ren, war ganz auf Kinder fokus­siert und for­mu­lier­te – lan­ge vor den Vereinten Nationen – bereits Kinderrechte. Mit den Kindern sei­nes Waisenhauses zog er erst ins Warschauer Ghetto, das er trotz Fluchtmöglichkeiten nicht ver­liess, und schliess­lich ins Lager Treblinka: Mit den Kindern starb er dann auch.

Volles Programm Sechs Theateraufführungen, sie­ben Filmabende, vier Konzerte, zwei Leseabende und vier Gottesdienste: In den einen knap­pen Monat dau­ern­den Janusz-Korczak-Wochen wird nicht gegeizt. Schon gar nicht mit Herzblut, wie im Gespräch mit Co-Organisator Hannes Liechti schnell klar wird. Als bei­spiels­wei­se fest­stand, dass für den Kern der Ver-anstal­tungs­rei­he, das Mundarttheater, kein geeig­ne­tes Stück exi­stier­te, schrie­ben er, sein Vater Jürg Liechti-Möri und eine Gruppe Jugendlicher kur­zer­hand selbst eines. Und das nicht ein­fach so: «Wir lasen mög­lichst viel von und über Janusz Korczak, tra­fen uns regel­mäs­sig und erstell­ten erst einen Szenenplan mit den Themen, die wir auf­neh­men woll­ten, bevor wir das Stück aus­ar­bei­te­ten», so Liechti. Danach folg­ten zwei Intensiv-Probewochen, in denen die Laiendarstellerinnen und –dar­stel­ler, von denen die mei­sten zwi­schen 10 und 21 Jahre jung sind, auch eine the­ma­ti­sche Einführung erhiel­ten.

Ein Stück jüdi­sche Geschichte Nach über zwei­jäh­ri­ger Vorbereitungszeit ist es nun soweit: Am 28. Oktober 2011 wird das Stück «Geranien im Ghetto» urauf­ge­führt. Es zeigt die letz­ten Jahre im Leben des Juden Janusz Korczak von sei­nem Umzug ins Ghetto 1940 bis zu sei­ner Deportation ins Lager Treblinka, wo er ver­mut­lich im August 1942 starb. Dass das Stück nicht pure Hoffnungslosigkeit aus­drückt ist das Verdienst der Autoren und Autorinnen, die zwar kei­ne Tatsachen beschö­ni­gen, aber auch kei­ne Greueltaten auf der Bühne dar­stel­len. Vor allem aber sorgt die Rahmenhandlung mit einem über­le­ben­den Kind, die das Stück nicht mit dem chro­no­lo­gi­schen Ende abschlies­sen lässt, für eine ver­söhn­li­che Note. Gleichzeitig hat sich das Autorenteam um grösst­mög­li­che Faktentreue bemüht, und eine Vielzahl an beleg­ten Zitaten auf­ge­nom­men.

Hören und schau­en Ergänzt wer­den die Theateraufführungen durch eine Reihe wei­te­rer Veranstaltungen. Einige Beispiele: Der Könizer Walter Loosli hat zu Korczaks Gebetszyklus «Allein mit Gott. Gebete von Menschen, die nicht beten» 19 gross­for­ma­ti­ge Pavatexschnitte geschaf­fen, die in einer Ausstellung gezeigt wer­den. Eine wei­te­re Ausstellung, «Oneg Schabbat», dreht sich um das vom jüdi­schen Historiker Emanuel Ringelblum ange­leg­te Untergrundarchiv des Warschauer Ghettos, wel­ches das Alltagsleben der Opfer dar­stellt. Auf dem Programm ste­hen auch ein jid­di­scher Liederabend, sowie ein Referat des Vizepräsidenten der Schweizerischen Janusz-Korczak-Gesellschaft über Korczaks Pädagogik heu­te.

Foto: Jonathan Liechti
ensuite, Oktober 2011

 

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