Die Welt in mei­nen Händen: Teil 3

Von

|

Drucken Drucken

Von Lukas Vogelsang – Die Welt der Technik ver­än­dert unauf­halt­sam unse­ren Alltag. Autos, Waschmaschinen, Zahnbürsten, Wecker, Eierkocher – Alltagsgegenstände sind digi­tal gewor­den. Dies hat weit­wir­ken­de kul­tu­rel­le Konsequenzen und schliesst auch ganz vie­le Menschen aus. Digital ist nicht bes­ser, son­dern anders. Und die­se Unterschiede müs­sen gelernt wer­den. ensuite ver­sucht neue Technik zu erklä­ren – aber auch Sinn und Zweck zu hin­ter­fra­gen.

Ich benut­ze unter­des­sen mein Mobile wesent­lich mehr für all­ge­mei­ne digi­ta­le Kommunikation, als für Telefongespräche. Es ist komisch, doch eine nor­ma­le Telefonverbindung scheint mir unter­des­sen unna­tür­li­cher zu sein, als eine e‑mail zu schrei­ben. Das mag damit zu tun haben, dass ich bei der e‑mail den Menschen ganz offen­sicht­lich nicht höre oder sehe und die Kommunikation auf die­se Art stress­frei­er ist, als wenn ich am ande­ren Ende eine Stimme ver­neh­me. Soweit sind wir schon. Doch ver­ste­he ich die «Generation Digital», die jede Sekunde an ihren Geräten her­um­spielt. Ich fin­de es nicht gut – und es gibt noch wei­te­re Gefahren.

Beim Herumstöbern in den «Apps» für mein Telefon bin ich auf ein gau­ne­ri­sches Angebot gestos­sen: «Euro-Noten». Im Begleittext steht: «Jetzt, wo Sie den­ken, Sie sind so reich, kön­nen Sie, was Sie wol­len, kön­nen Sie auch eige­ne besit­zen vir­tu­el­les Geld? Zeigen Sie, wie reich Sie sind, indem man sich eini­ge ech­te vir­tu­el­le Geld, das Sie sich lei­sten kön­nen. Sammeln Sie alle Banknoten und Anzeige stolz Ihr hart ver­dien­tes Greenbacks.» (Das steht genau so geschrie­ben!) Diese «Apps» sind nur Bilder von Banknoten und kosten soviel, wie auf den Noten ange­zeigt wird. Das ist frech.

Auch Schweizer-Firmen mischen in die­sem Gauner-Markt tüch­tig mit. So erhielt ich im Januar ein SMS von «Unbekannt» mit dem Text: «Dein Logo http://www.logoroulette.com/wap/index/nrid/39132/chk/MDA0M…». Mehr stand da nicht. Ich bin über die Webseite www.logoroulette.com auf die Vascom Schweiz AG gestos­sen. Diese bie­tet SMS-Massendienste an. Die Firma ist legal regi­striert, sucht aber jede erdenk­li­che Möglichkeit, den gesetz­li­chen Rahmen so gut wie mög­lich aus­zu­nut­zen. Das geht so: Man ver­sen­det SMS an Telefonnummern, die man über irgend­wel­che «Zufälle» her­aus­ge­fun­den hat, mit die­sem Logo-Dienst. Wer die­sem Link folgt, akti­viert sei­ne Telefonnummer und bestä­tigt sie als poten­ti­el­len Kunden – zudem abon­nie­ren sie eine über­teu­er­te Dienstleistung. Ihre Telefonnummer kann jetzt wei­ter bear­bei­tet wer­den oder aber, man kann ihre Nummer auch ver­kau­fen. Beides ist ein lukra­ti­ves Geschäft. Vordergründig wird ihnen ein «Produkt» ange­bo­ten, in mei­nem Fall hät­te ich – sofern ich auf der Webseite auch noch mei­ne Bestätigung gege­ben hät­te – für ca. 15 Franken ein Monatsabonnement für ani­mier­te gif-Logos und Bildchen erhal­ten. Das ist Wucher – vor allem weil die Qualität unter jedem Niveau ist. Entsprechend sind auch die Bedingungen: «Die Kündigung eines Abos zum Ende des Abo-Zeitraumes ist jeder­zeit mög­lich, ohne dass hier­für eine Kündigungsfrist zu beach­ten ist. Im Rahmen der Bestellung des Abos wird dem Kunden das Keyword mit­ge­teilt, mit dem die Kündigung des Abos erfol­gen kann. Die Kündigung erfolgt durch Übersendung die­ses Keywords per SMS an die hier­zu eben­falls mit­ge­teil­te Kurzwahl-Nummer. Eine Anleitung zur Abo-Kündigung sowie die hier­für erfor­der­li­chen Keywords kön­nen jeder­zeit auch unter den unter 3 Absatz 5 ange­ge­be­nen Internetseiten abge­ru­fen wer­den oder durch Kontaktieren unse­res Kundendienstes. Eine Übertragung des nicht bean­spruch­ten Abo-Guthabens auf den näch­sten Abo-Zeitraum oder eine Erstattung des Restbetrages oder des Abo-Entgeltes im Falle einer Kündigung ist lei­der nicht mög­lich». (…aus den Nutzungsbedingungen von www.logoroulette.com). Nur ver­sier­te AnwenderInnen wer­den sich aus die­ser Schlaufe her­aus­ope­rie­ren kön­nen.

Die Vascom Schweiz AG ist eine Zürcher Firma. Cengiz Peker, der CEO, hat mich per­sön­lich aus sei­nen Thailand-Ferien ange­ru­fen, nach­dem ich mich bereits mit dem BAKOM (die sind als Bundesamt zustän­dig für Telefonie und Daten), mit Sunrise (mei­nem Mobile-Anbieter) und dem Support von Vascom her­um­ge­schla­gen hat­te. Peker war unheim­lich zuvor­kom­mend und wuss­te über jede Gesetzeslücke genau Bescheid. Er ist schon lan­ge im Geschäft und arbei­tet seit Jahren mit vir­tu­el­len Diensten. Ich ver­mu­te, das mei­ste davon fin­det in einem grau­en Bereich statt: Die Vascom macht ihr SMS-Hauptgeschäft mit Erotikangeboten: Bildli und Filmli zu Wucherpreisen. Wer etwas recher­chiert, fin­det denn auch inter­es­san­te Verbindungen (Wapme Systems AG, Deutschland) zum Züri-Erotikguru Bruno Stettler, der die «Black Rain Group Foundation» (ein Sozialwerk für Haiti) gegrün­det hat und eben­falls SMS-Dienste anbie­tet (www.smilesmedia.ch). Die Firmen-Netzwerke der invol­vier­ten Namen sind beacht­lich.

Wichtig: Wenn sie jemals eine sol­che SMS oder einen SPAM-Link erhal­ten, dür­fen sie die­sen NIE akti­vie­ren. Löschen ist gut, aber damit ist das Problem nicht beho­ben. Besser ist, wenn sie umge­hend mit ihrem Mobile-Dienstanbieter Kontakt auf­neh­men. Ein SMS-Massenversender ist immer regi­striert. Sie kön­nen die­se Codes für ihr Konto sper­ren las­sen, das ist gra­tis. Der Telekommunikations-Anbieter schreibt dem Sender auch, dass ihre Nummer aus jeder Dienstleistung gelöscht wer­den muss. Auch gut, wenn sie die Firma direkt anru­fen – bis zur Verzweiflung. Ein Anbieter hat mir sogar mal 10 Franken in bar gesen­det für die Umtriebe. Ein bil­li­ges Handgeld um eine Anzeige abzu­wen­den.

Foto: zVg.
ensuite, Februar 2011

Einen Text gelesen und der hat gefallen? Spende per TWINT ein paar Franken - ohne Abo, aber mit gutem Gewissen. Geht doch auch.



Newsletter

Unsere Newsletter kommt nicht oft und nur dann, wenn etwas wichtig ist. Sie können sich jederzeit wieder abmelden.




Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch die Schweizer-Newsletter-Software von «ensuite» einverstanden. (CH-Server)

logo