Ein Lied geht um die Welt

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Von Luca D’Alessandro – Der kala­bri­sche Kompositeur und Jazzpianist Nicola Sergio star­tet zu sei­nem ersten Höhenflug. Air France hat den Titel «Il labi­rin­to del­le fate» aus dem aktu­el­len Album «Symbols» für die Hintergrundberieselung wäh­rend der Transatlantikflüge gewählt. Sergio selbst kann es kaum glau­ben.

Nicola Sergio, Air France hat Sie gewis­ser­mas­sen zum Unternehmensmusiker aus­er­ko­ren. Was löst das in Ihnen aus?

Ich füh­le mich so, als wäre ich der­je­ni­ge, der auf 10 000 Metern Höhe flie­gen wür­de.

In der Fachpresse wer­den Sie als Avantgardist bezeich­net.

Inwiefern?

Sie fügen diver­se Klangfarben aus ver­schie­de­nen Epochen zu einem neu­en Ganzen zusam­men. In «Violino Gitano», zum Beispiel, bekommt man das Gefühl, durch einen mit­tel­al­ter­li­chen, ori­en­ta­lisch-gepräg­ten Ort zu spa­zie­ren.

Das habe ich bis­lang nicht so gese­hen, aller­dings kann mei­ne Musik auf diver­se Arten inter­pre­tiert wer­den. Mein Ziel war es, in einer CD all das zu ver­ei­nen, was ich wäh­rend mei­ner Musikausbildung in Perugia erler­nen konn­te.

Und das wäre?

Ich stu­dier­te vor­wie­gend klas­si­sche Musik. Mit sieb­zehn Jahren begann ich dann in Rock- und Pop-Gruppen mit­zu­spie­len. Ich wur­de auf Perkussionsinstrumente und eth­ni­sche Klänge aus Osteuropa auf­merk­sam und ent­deck­te das Theater. All die­se Dinge führ­ten mich zu dem Stil, den ich heu­te ver­tre­te: Die Verbindung von Jazz mit spon­ta­nen Einspielungen aus dem, was mir gera­de in den Sinn kommt. Es gibt Passagen aus mei­ner Feder, die eigent­lich nichts mit Jazz zu tun haben. Aber mir ist das egal. Wichtig ist es mir, mei­ne Vision auf Papier und in die Tasten zu brin­gen.

Demnach ist «Symbols» kein minu­ti­ös geplan­tes Werk, viel­mehr eine Momentaufnahme.

Ja. Dennoch woll­te ich errei­chen, dass jedes ein­zel­ne Stück mit dem Vor- und Folgestück ver­bun­den ist. Es soll­te ein Leitfaden resul­tie­ren. Auch wenn sich die Stücke zum Teil sehr unter­schei­den, der Zusammenhang ist hör­bar. Ich berück­sich­ti­ge Atmosphären aus ver­schie­de­nen Genres und Zeiten und ver­bin­de sie zu einer ein­heit­li­chen Vision.

Auch rhyth­misch sind meh­re­re Atmosphären aus­zu­ma­chen. «Violino Gitano», um noch­mals auf die­ses Beispiel zu kom­men, lässt sich auf den ersten Blick nicht ent­schlüs­seln.

Es ist ein Stück, das mir sehr zusagt. Rhythmisch ist es eine ech­te Herausforderung, es hat einen fünf­zehn-ach­tel Takt…

…sehr kom­pli­ziert – beson­ders für mich als Laie.

Es ist sicher nicht ein­fach zu spie­len. Während der Komposition stell­te ich fest, dass ich rhyth­misch etwas ganz beson­de­res schrei­ben wür­de. Mir war das zunächst gar nicht bewusst. Das zeigt auch, dass für mich tech­ni­sche Faktoren in Musik sekun­där sind. Zuerst kom­men die Harmonien und die Melodien, dann erst die Virtuosität.

Diese Aussage bestä­tigt sich in «Scilla» und «Beatrice» – bei­de sind melo­disch.

Sie haben einen cha­rak­te­ri­stisch ita­lie­ni­schen Fussabdruck, warm und vol­ler Sinnlichkeit. Schliesslich ist bekannt, dass wir Italiener, die wir der Oper nahe­ste­hen, ein melo­di­sches Volk sind.

Sie – als Vertreter der ita­lie­ni­schen Jazzgilde – kön­nen aber auch anders: Nebst der melo­di­schen Stücke haben Sie ein paar dunk­le Perspektiven in die CD gestreut.

Ja, «Un Quadro» und «Mr Hyde» sind ein biss­chen… wie soll ich sagen… «dark» – düster. Ich den­ke, das trifft es am Besten.

«Mr Hyde» hat etwas von einem Krimi aus den Siebzigern.

Das ist kor­rekt. Der Roman «Dr Jekyll and Mr Hyde» for­der­te mich her­aus. Beim Lesen war ich wie auf Nadeln. Schliesslich ent­schloss ich mich, die­sen Adrenalinschub in Musik umzu­wan­deln.

Sind wei­te­re CDs vor­ge­se­hen?

Mit dem hol­län­di­schen Plattenlabel Challenge Records habe ich für die Produktion von drei CDs einen Vertrag unter­zeich­net. «Symbols» ist die erste von drei. Es wer­den also noch zwei wei­te­re Alben fol­gen, aller­dings kann ich jetzt nicht sagen, wie die aus­fal­len wer­den. Auf jeden Fall macht mich das sehr stolz: Zu wis­sen, dass man wei­te­re Produktionen gegen Entgelt machen darf, ist ein Privileg – und lei­der nicht mehr selbst­ver­ständ­lich.

Info: www.challenge.nl

Foto: zVg.
ensuite, August 2010

 

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