Veredelte Berner Bären

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Von Anna Roos – Seit dem 15. Oktober haben die Berner Braunbären, das Logo und Wahrzeichen Berns, ein neu­es Zuhause – gleich neben ihrem ehe­ma­li­gen Wohnort am Muristalden. 40 000 Menschen sind am Eröffnungstag im Herbst zum 24-Millionen-Projekt geströmt, um dies mit Live-Musik, Kunst, Performances und Theater zu fei­ern.

Besucher, vor allem jene aus dem Ausland, waren oft schockiert über die bis­he­ri­ge Bären-Gefangenschaft im alten Graben. Der beschränk­te koni­sche Blickwinkel auf die ihn umkrei­sen­den Besucher oben und der Himmel dar­über war kein tier­ge­rech­ter Zustand. Die Bären muss­ten ihre Hälse strecken, um die gewor­fe­nen Karotten und ande­res Futter zu fan­gen. Es ist sicher eine Erleichterung, dass Bern end­lich auf die Kritik reagiert hat. Vor sechs Jahren gewan­nen die Berner Architekten Matti, Ragaz, Hitz in Zusammenarbeit mit den Landschaftsarchitekten H. Klözli und B. Friedli den Wettbewerb.

Der Standort ist sehr kräf­tig, hat einen mäch­ti­ge «Genius loci». Er befin­det sich an der Achse von Kramgasse, Nydeggbrücke und dem Muristalden auf der Gegenseite der Aare. Entstanden ist fast ein thea­tra­li­scher Aussenraum: die Nydeggbrücke, die Altstadt vis à vis, die Englische Anlage und die sma­ragd­grü­ne Aare, wel­che dazwi­schen hin­durch­fliesst. Die Berner Altstadt ist archi­tek­to­nisch beson­ders und ähn­lich wie Edinburgh in Schottland, weil die Gebäude oft zwei Eingänge, auf zwei unter­schied­li­chen Ebenen, auf­wei­sen: Ein Eingang liegt zwei Etagen höher als der ande­re. Das Bärenpark-Grundstück ist des­we­gen auch so beson­ders, weil es zwei ganz ver­schie­de­ne Ebenen über­la­gert und ver­bin­det.

Das Siegerprojekt aus dem Wettbewerb ist haupt­säch­lich ein Landschaftskonzept. Wie die BesucherInnen durch das stei­le Grundstück fla­nie­ren, defi­niert der Perimeter des Geheges. Die Zirkulation ist ein gestreck­ter Rundgang, der hoch und nie­der läuft. Der Rundgang erlaubt ver­schie­de­ne Perspektiven auf die Bären und ihre Gewohnheiten. Es gibt eine Draufsicht von oben, wäh­rend man unten an der Aare ent­lang das umge­kehr­te Bild erhält. Diese viel­fäl­ti­gen Ansichten und Blickwinkel erge­ben eine dyna­mi­sche Dreidimensionalität. Das bedeu­tet aber für die Bären, dass sie prak­tisch aus jedem Winkel sicht­bar sind. Immerhin haben sie noch ihre Höhlen, um sich zurück­zie­hen zu kön­nen.

Das Terrain ist mit Stützmauern «gekämmt», wel­che par­al­lel zur Aare den Hang arti­ku­lie­ren. Die Stützmauerm tau­chen auf und ver­schwin­den wie­der im grü­nen Gras. Sie schaf­fen ein Echo auf die Bewegung des Wassers. Verschiedene Schichten wer­den par­al­lel zum Fluss auf­ge­baut: das Aareufer, wo man auf Betonstufen eine hüb­sche Aussicht genies­sen kann, die Promenade, wel­che am unte­ren Perimeter des Geheges ent­lang zum Schwellenmätteli führt, neben der Promenade das Bärenbad mit dem tür­ki­sen Wasser, rund 100 Meter lang. Das Gehege liegt am Hang, wo frü­her Schafe wei­de­ten. Mit gros­ser Mühe wur­de der Hang mani­pu­liert, damit klei­ne, ebe­ne Terassen ent­ste­hen. Trotzdem bleibt die Neigung ziem­lich stark; die­se Ebenen sind nicht sehr gross­zü­gig. Hoffentlich stört das stei­le Terrain die Tiere nicht – zum Glück sind Bären gute Kletterer.

Die Architekten haben auch sub­ti­le Details ent­wor­fen, zum Beispiel den amor­phi­schen Prägedruck auf der Glasbrüstung und den Betonmauern. Damit haben sie eine Verbindung zwi­schen der Topografie und der Landschaftsarchitektur geschaf­fen.

Nun kön­nen Björk und Finn ihr Futter fan­gen, ohne ihre Hälse über­mäs­sig strecken zu müs­sen, und die Besucher-Innen wie­der­um müs­sen nicht mehr auf unse­re Bären hin­ab­se­hen. Für die Bären ist der visu­el­le Kontext erheb­lich erhöht wor­den, sie haben jetzt eine gross­ar­ti­ge Aussicht. Der Bärenpark zeigt das Besondere von Bern in der vor­teil­haf­te­sten Art: Tiere und Fluss, Natur pur, mit­ten in der Stadt.


Anna Roos ist Architektin bei «kr2» und stammt aus Südafrika, ihre Muttersprache ist Englisch. Ihre Texte wer­den in Zusammenarbeit mit ensuite – kul­tur­ma­ga­zin über­setzt.

Foto: Anna Roos
ensuite, Dezember 2009

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