Das Phänomen Burnout: Teil 2

Von

|

Drucken Drucken

Von Ursula Lüthi – Basierend auf einer Recherche beleuch­tet die­ser Beitrag die beschrei­ben­den Fakten zum Phänomen Burnout. Alle Quellenreferenzen wer­den aus gestal­te­ri­schen Gründen unter­las­sen. Das Phänomen Burnout wird als Phänomen bezeich­net, weil die Ursachen viel­sei­tig sind, die Auswirkungen indi­vi­du­ell und sozi­al und die Behandlungs- und Bewältigungsmassnahmen unter­schied­li­cher Natur sein kön­nen. Grundsätzlich kann von einer Antriebsleere, einem Erschöpftsein, einer Unlust und einer Leistungsabneigung gespro­chen wer­den, sowie einer abge­stumpf­ten Empfindung gegen­über der Tätigkeit, den Mitmenschen und dem Sinn bezie­hungs­wei­se Inhalt des Alltags. Diese Aussagen sind all­ge­mein und stam­men aus der Umgangssprache zum Phänomen Burnout. In der Wissenschaft befas­sen sich die Medizin, die Sozialwissenschaften und die Psychologie mit der Thematik. Die Schreibweise ist teils in einem Wort, «Burnout», teils aus dem Englischen stam­mend und mit Bindestrich ver­bun­den: «Burn-out» (dt. «bren­nen» und «aus» bzw. Ausbrennen). In der deut­schen Sprache wird der Begriff meist gross- und zusam­men­ge­schrie­ben. Burnout ist nicht mit Stress gleich­zu­set­zen. Stress ist ein äus­se­rer Faktor, kann posi­ti­ver wie nega­ti­ver Antrieb sein. Burnout ist eher eine inne­re Haltung und Lebenseinstellung. Es kann sein, dass man inner­lich Stress emp­fin­det, wobei dies je nach Person ver­nach­läs­sigt wahr­ge­nom­men wird. Forscher wie Christina Maslach sehen im Ausbrennen «die emo­tio­na­le Erschöpfung, die Entpersönlichung und die redu­zier­te Erfüllung im Beruf. Dies kann bei Menschen auf­tre­ten, die bis an die Grenze ihrer Leistungsfähigkeit mit Menschen arbei­ten. Emotionale Erschöpfung bezieht sich auf das Empfinden, durch den Kontakt mit ande­ren emo­tio­nal über­for­dert und aus­ge­laugt zu sein. Entpersönlichung meint die gefühl­lo­se und gleich­gül­ti­ge Reaktionsweise gegen­über denen, die die Empfänger der Hilfeleistung sind. Die redu­zier­te per­sön­li­che Erfüllung bezieht sich auf die Neigung, das eige­ne Kompetenzgefühl und das Bewusstsein, bei der Arbeit mit Menschen erfolg­reich vor­zu­ge­hen, zu min­dern. Das schliesst eine nega­ti­ve Selbsteinschätzung ein.» Zum histo­ri­schen Werdegang des Begriffs Burnout und der Herleitung aus der Atomphysik schil­dern Andreas Hillert und Michael Marwitz, dass sich ein kon­kre­ter Hinweis in Merriams-Webster Dicionary fin­det, wonach der Begriff Burnout in den 1930er-Jahren im Kontext des Profisports und der dar­stel­len­den Kunst gebraucht wur­de; 1967 fin­de sich in der Brockhaus Enzyklopädie fol­gen­der Eintrag: «Burn out (engl.), bei Reaktoren das Durchbrennen von Wärmetauschern oder Brennstoffhülsen; es tritt auf, wenn die Wärmeproduktion des Brennstoffs zu hoch ist, so dass die Wärme nicht mehr vom Kühlmittel abge­führt wer­den kann.» Für Nicht-Atomphysiker: Burnout wäre in die­sem Kontext nach Hillert und Marwitz offen­bar ein dra­ma­ti­sches, alles ande­re als unge­fähr­li­ches Geschehen. 1974 ver­öf­fent­licht der Manager Sigmund Ginsburg einen kur­zen Aufsatz zum Thema der Problematik von aus­ge­brann­ten Vorgesetzten. Ginsburg leb­te geo­gra­phisch in der Nähe von Herbert J. Freudenberger, deutsch-ame­ri­ka­ni­scher Psychoanalytiker und Begriffsentwickler von Burnout, dem eigent­li­chen Vater des Begriffs. Aus die­ser Betrachtung wird Burnout als typi­sche «Manager-Krankheit» bezeich­net. Elliot Aronson, Alaya M. Pines und Kafry Ditsa schrei­ben, dass Ausbrennen ein sozi­al­psy­cho­lo­gi­scher Begriff ist, also etwas ande­res als ein kli­ni­scher Begriff wie etwa endo­ge­ne Depression. Bei einer Depression liegt die Ursache der Symptome in der Person und in ihrer Vorgeschichte und die Therapie wird auf die­se ein­ge­stellt. Beim Ausbrennen kon­zen­triert sich die Suche nach den Ursachen und nach mög­li­chen Bewältigungsmassnahmen auf die Umwelt. Das Erlebnis des Ausbrennens ist eher in sozia­ler als in indi­vi­du­el­ler Perspektive zu sehen, aus­ser in jenen extre­men Fällen, in denen die Betroffenen (im kli­ni­schen Sinn) depres­siv wer­den. Nach Kai Massenbach über­schnei­det sich «die Innere Kündigung als Thematik zwi­schen Burnout und Hilflosigkeit mit dem Burnout in der redu­zier­ten Leistung und im Motivationsverlust.» Nach Ina Rösing zählt «die Innere Kündigung (aktiv oder pas­siv) eben­falls zu den psy­cho­pa­tho­lo­gi­schen Verhalten in Organisationen (Organisationspsychologie) wie auch Stress, Burnout und Mobbing.» Im Buch mit dem Titel «Emotionale Intelligenz» von Daniel Goleman und dem Organisationspsychologen Cary Cherniss wird zwi­schen der Intelligenz (IQ) und der emo­tio­na­len Intelligenz (EQ) und deren Eigenheiten unter­schie­den. Der Bezug auf ein vor­ge­ge­be­nes Wertesystem, an dem sich die Quotienten ori­en­tie­ren, ist Grundlage. Diese Betrachtung stammt laut Hillert und Marwitz aus der frü­hen Burnout-Forschung. Nach Viviana Simonetta Abati sind Eigenheiten des jung erforsch­ten Phänomens (auch Syndrom) die Vielschichtigkeit und die dadurch erschwer­te Diagnose, die nicht ganz ein­deu­ti­ge Trennschärfe, die Vertuschung und die Bagatellisierung durch die Betroffenen sel­ber, die Stigmatisierung durch die Gesellschaft und der infla­tio­nä­re Fehlgebrauch des Begriffs in der Bevölkerung. Gerade der letz­te Punkt ist nicht zu ver­nach­läs­si­gen. Zu oft wird der Begriff im Volksmund falsch ver­wen­det. Viele, die davon reden, ein Burnout zu haben, sind oft ein­fach nur erschöpft als Folge von Stress und Leistungsdruck. Auch das ist ernst zu neh­men, da dies oft die Anfangsphase eines Burnouts bedeu­ten kann. Ein ech­tes Burnout hat aber mit der soeben beschrie­be­nen Situation nichts zu tun. Das Interessante aber ist, dass jeder Betroffene im Nachhinein ganz klar sagt, er hät­te nie geglaubt, dass es ihn tref­fen könn­te, dass er sel­ber geglaubt hät­te, dass es das eigent­lich nicht gäbe. Und das sagen Betroffene, die vie­le Jahre höch­ste Leistungen erbracht und per­ma­nen­ten Stress aus­ge­hal­ten haben, bis eben der Körper kapi­tu­liert und den Geist zum Anhalten gezwun­gen hat. Der offen­sicht­lich­ste Messegrad für das gei­sti­ge, see­li­sche und kör­per­li­che Wohlbefinden eines Menschen sind die all­ge­mei­ne Zufriedenheit und das gesun­de Vertrauen und die Orientierung in Arbeit und Leben. Andreas Hillert und Michael Marwitz sehen, dass für die Wiederherstellung die­ses gesun­den Vertrauens die Alternativmedizin geeig­net scheint, zum Beispiel die chi­ne­si­sche Medizin, wel­che im Konzept der Lebensenergie (Qi) «glei­cher­mas­sen Geist, Denken, Fühlen und Körper» umfasst. Weder das Arbeitsumfeld noch eine typi­sche Persönlichkeitseigenschaft sind ver­ant­wort­lich, wenn ein Individuum und des­sen sozia­les Umfeld sich mit Burnout befas­sen müs­sen. Es lässt sich höch­stens Festhalten, dass gewis­se Umfelder gewis­se Persönlichkeiten anzie­hen und somit ein kor­re­lie­ren­des Zusammenspiel mög­li­cher­wei­se genährt wird und even­tu­ell frü­her einer Thematik wie dem Burnout begeg­net wer­den kann. Andernfalls lässt sich durch ver­ant­wor­tungs­vol­le Massnahmen schnel­ler die Lebensqualität ver­bes­sern. Einsicht ist der erste Schritt zur Wandlung, unge­ach­tet von Funktion oder Umfeld. Wie schon der Schriftsteller Albert Camus schreibt: «Ohne Arbeit wird das Leben schal. Aber Arbeit ohne Seele lässt das Leben ver­der­ben.»

Foto: zVg.
ensuite, Oktober 2009

Einen Text gelesen und der hat gefallen? Spende per TWINT ein paar Franken - ohne Abo, aber mit gutem Gewissen. Geht doch auch.



Newsletter

Unsere Newsletter kommt nicht oft und nur dann, wenn etwas wichtig ist. Sie können sich jederzeit wieder abmelden.




Mit der Nutzung dieses Formulars erklärst Du dich mit der Speicherung und Verarbeitung Deiner Daten durch die Schweizer-Newsletter-Software von «ensuite» einverstanden. (CH-Server)

logo