Zwischen Bayern und Bern – #5: Grünflächen

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Von Hannes Liechti (München) und Pablo Sulzer (Bern) – Ganz Bern ist eine rie­si­ge Grünfläche. Im Gegensatz zu einer Megametropole muss man hier nicht bemüht nach der näch­sten grü­nen Oase suchen. Die Stadt ist vol­ler Vegetation, jede Strasse mit Bäumen bepflanzt und auch sonst ist der näch­ste Wald nicht weit ent­fernt.

Bestes Beispiel für reich­lich Grünfläche ist die Berner Allmend. Die rie­si­ge Wiese neben dem Fussballstadion dient den Anwohnern als Ort der Regeneration, des Sports sowie der Begegnung. So fin­det man Leute beim Grillen, Frisbee spie­len oder Sonnenstrahlen-Tank fül­len. Den Wert der Grünflächen wird man nie auf die Komastelle genau mes­sen kön­nen, doch sieht man dem Treiben auf der gros­sen Allmend zu, ver­steht man, wie wich­tig sol­che grü­ne Flecken im Stadtbild sind.

Nicht weit von der gros­sen Allmend ent­fernt befin­det sich die näch­ste pro­mi­nen­te Ruhezone: der Rosengarten. Von der Bevölkerung geschätzt, bei Touristen beliebt, bie­tet der Rosengarten den womög­lich beein­druckend­sten Aussichtspunkt auf die Berner Altstadt. Kein Platz bie­tet so ein rasches und prä­gen­des Gesamtbild der Stadt – der graue Asphalt ver­schwin­det unter den Büschen und Bäumen. Die Altstadt wird durch die Natur bezie­hungs­wei­se die Aare umzin­gelt, bleibt aber von der Flora wie eine Festung «ver­schont». Ansonsten bringt die Aare aber viel Grünes in die Stadt: Der Berner geht ger­ne in die Nähe des Flusses, sei es um zu schwim­men, zu essen oder im Grünen in Gedanken zu ver­sin­ken.

Im Vergleich mit München bie­tet Bern kei­nen vier Quadratkilometer gros­sen Park an. Trumpf sind die kur­zen Distanzen zwi­schen Gärten und Wiesen, Wäldern und Terrassen, Ufern und Promenaden. Die Bundesterrasse lockt zum Mittagessen in fri­scher Luft an, der Bremgartenwald eig­net sich ide­al für Jogger-Innen, um von Hektik und Ampeln abzu­schal­ten. Am Tierpark Dählhözli vor­bei lässt es sich ent­spannt und sor­gen­frei schlen­dern und dem Wasserrauschen hor­chen. Sollte man vor der Zugfahrt noch ein paar Stunden zu fül­len haben, befin­det sich ein paar hun­dert Meter weit weg die Europapromenade, die zum kurz­wei­li­gen Verweil ein­lädt.


Erscheinen die­se Grünflächen den­noch als Peanuts gegen­über dem, was München zu offe-rie­ren hat, dann fra­ge man in der deut­schen Grossstadt nach einem Hausberg. Fehlanzeige! Was für den Berner manch­mal wie selbst­ver­ständ­lich erscheint, wünscht sich manch ein Münchner sehn­lichst. Dass der Gurten für Bern ein­zig­ar­tig und wert­voll ist, braucht kei­ne aus­führ­li­chen Erklärungen. Ausblick, Wiese und Bäume, Velorouten und Wanderpfade, Brunch-Möglichkeiten sowie die ver­schie­den­sten jähr­li­chen Events machen den Heimberg Gurten ein­deu­tig zu einer Monsterparkanlage wie der Englische Garten. Vielleicht sogar ange­nehm über­schau­ba­rer.

München ist grün. Weniger poli­tisch denn wört­lich gemeint. So erge­ben alle Grünflächen der bay­ri­schen Landeshauptstadt zusam­men rund einen Drittel des gesam­ten Stadtgebietes. Eine gewal­ti­ge Fläche, und da hat sogar Big Apple das Nachsehen: Der Englische Garten ist der welt­weit gröss­te Park inner­halb eines Stadtgebietes. Mit über vier Quadratkilometern Fläche über­trifft er sogar den Central Park in New York.

Auf dem goog­le-earth­schen Satellitenbild erscheint das Herzstück Münchens wie eine Schneise, wel­che sich ent­lang der Isar von Norden her in die Millionenstadt hin­ein­frisst. Die über 200 Jahre alte Parkanlage bie­tet für alles und jeden Platz: Die Spannweite reicht von A wie Ausziehen, B wie Brotzeit über I wie In-der-Hängematte-lie­gen-und-bio­lo­gisch-hoch­wer­ti­ges-Essen-Konsumieren oder S wie Surfen bis hin zu Z wie Zeitung lesen. Kurz, es gibt kei­ne Tabus, jede Interessens- und Bevölkerungsgruppe darf und muss sich ange­spro­chen füh­len. Anders geht’s gar nicht. Auch gespielt wird fleis­sig: Ob afri­ka­ni­sche Trommeln, Fussball oder Karten spielt kei­ne Rolle. Das Spiel des Sommers ist übri­gens Kubb; ein skan­di­na­vi­sches Spiel, bei wel­chem es dar­um geht, mit Holzstäben die auf­ge­stell­ten Klötze des Gegners und schliess­lich auch den König umzu­wer­fen.

Umwerfend ist aber in Sachen Grünflächen nicht nur der Englische Garten. Wikipedia ver­zeich­net im Eintrag «Liste der Grünflächen in München» inner­halb des Stadtgebietes ins­ge­samt 8 Waldgebiete, 48 Parkanlagen, 40 Friedhöfe und 5 son­sti­ge Grünflächen. Ganz zu schwei­gen von den zahl­rei­chen Biergärten, die im ent­fern­ten Sinne auch als Grünfläche bezeich­net wer­den kön­nen. Zu Münchens Parkanlagen zäh­len auch der rie­si­ge und ver­win­kel­te Schlosspark von Nymphenburg oder der Olympiapark mit dem aus Kriegsschutt des Zweiten Weltkriegs ent­stan­de­nen Olympiaberg. Mehr Hügel als Berg stellt die­ser mit sei­ner Höhe von 60 Metern eine der höch­sten Erhebungen Münchens dar. Wer ein­mal ande­re Tiere als die Ratten und Kakerlaken der U‑Bahnhöfe sehen will, ent­deckt hier in der Dämmerung sogar zahl­rei­che Hasen.

Wenn es um Grünflächen geht, schnei­det München also bestens ab. Das dürf­te mit­un­ter wohl auch ein Grund dafür sein, dass die Stadt im welt­wei­ten Vergleich punk­to Lebensqualität so gut abschnei­det (Platz 7). Zwei Plätze vor Bern (Platz 9) übri­gens. Zugegeben, München hat kei­nen Gurten. Der Olympiaberg ist zu klein, um Hausberg genannt wer­den zu kön­nen. Und auch die Isar kann mit der Aare nicht im Geringsten mit­hal­ten. Trotzdem gibt es für Heimweh-Berner eine gute Alternative: Der aus­ge­bau­te Nebenarm der Isar, wel­cher durch das Naturbad Maria Einsiedel fliesst, ist zwar bei Weitem nicht so breit und reis­send wie das ber­ni­sche Gewässer, jedoch min­de­stens so kalt und erfri­schend.

Foto: Jonathan Liechti
ensuite, Oktober 2009

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