EDITORIAL Nr. 77 Zürich

Von Lukas Vogelsang – Wegen der Krise grü­beln auch Journalisten über die Qualitätsfrage in den Medien. Das ist ganz gut so. Ich fin­de, wir müs­sen uns gene­rell neu mit dem Zustand unse­rer Lebensqualität aus­ein­an­der­set­zen. Da war ich mal wie­der in einer Hollywood-Filmpremiere zuge­gen und ging mit einem Frust aus dem Kino. Ist dies das Ergebnis der Drehbuchautoren-Streiks vom letz­ten Jahr? Konnten die nicht war­ten mit der Veröffentlichung, bis der Film ein Film ist? Müssen wir nun stun­den­lang lee­re und schlech­te Geschichten mit fan­ta­sti­schen Effekten anse­hen? Ich bin immer wie­der über­rascht, wie wenig Aufmerksamkeit die künst­le­ri­schen Umsetzungen bei Millionenbudgets erhal­ten. Wenn man dane­ben Kleinproduktionen ohne Budgets ver­gleicht, kommt man ins Grübeln.

Und die­se Qualitätssache gilt für unse­re Stadttheater, Opern und Festivals eben­so wie für die Post, die Telefonleitungen, Computer und Autos. Selbst mein Deodorant ist unter­des­sen bil­lig gewor­den und der Joghurtbecher sug­ge­riert, mehr drin zu haben. In Hochglanz und fal­scher Wichtigkeit wird mir die Welt zu Füssen gelegt. Doch dar­in zu Leben macht wenig Spass, es ist bil­lig gewor­den. Kein Wunder, reagiert die Jugend mit dem Knockout und die Menschenmasse gar nicht.

Ein biss­chen Herzblut kann Wunder bewir­ken. Das ist unbe­zahl­bar. Und doch dreht sich auch im Kulturellen die Frage erst mal um Geld. Wer für wel­che Arbeit wie­viel Geld erhält. Was unbe­zahlt ist, gleicht Unprofessionellem – Qualität hat in erster Linie einen Preis. Dabei wird uns täg­lich das Gegenteil demon­striert.

Doch genies­sen wir den unspek­ta­ku­lä­ren-spek­ta­ku­lä­ren Frühling. Es ist, als hät­te das Jahr erst ange­fan­gen. Die Lebensgeister stei­gen aus dem Keller und vor allem das Herzblut kommt in Wallungen. Machen wir also dar­aus unse­ren eige­nen Film, mit einem Drehbuch, wel­ches uns nicht lang­weilt.


Foto: zVg.

Publiziert: ensuite Ausgabe Nr. 77 Zürich, Mai 2009

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