Kuba – Teil 2

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Von Rebecca Panian – Die Insel und ich: Eigentlich dach­te ich, dass das Leben auf Fidels Insel äus­serst stu­den­ten­freund­lich sei. Doch wie heisst es so schön: «Erstens kommt es anders und zwei­tens als man denkt». Diese Weisheit exi­stiert wohl nicht umsonst. Denn zum «Überleben» brauch­te ich bei­na­he so viel «Kleingeld» wie in der guten alten Schweiz. Besonders ins Gewicht fie­len die stän­di­gen Taxifahrten in die Stadt, da ich etwas aus­ser­halb Havannas wohn­te. Und noch etwas bela­ste­te mei­nen Geldbeutel: Der Gang ins Internet. Computer sind auf der Insel Mangelware, und es ist wohl längst kein Geheimnis mehr, dass der Grossteil der Kubaner kei­nen Zugang zum Internet hat und auch nicht haben darf. Ich für mei­nen Teil durf­te zwar die Welt des World Wide Web betre­ten, jedoch nur zu einem ziem­lich hohen Preis.

Geld und Co. Die Benutzung des Internets war nicht nur sel­ten zu bewerk­stel­li­gen, son­dern auch ziem­lich teu­er. 60 Minuten im Netz koste­ten 8 CUC in mei­nem Hotel. Im Nachbarhotel ledig­lich 6 CUC für die glei­che Zeit, doch dafür war das Internet dort sooooo lang­sam, dass sich die 8 CUC in mei­nem Hotel läng­stens wie­der lohn­ten. CUC bedeu­tet übri­gens «Peso Convertible» und ist eine von zwei kuba­ni­schen Landeswährungen. Die zwei­te Währung nennt sich «Peso Cubano». Aber wie viel ist das Geld wert? Eine kur­ze Rechenanleitung tut hier Not:

1 CUC war zu mei­ner Inselzeit etwas teu­rer als 1 Euro. Damit erschei­nen die 8 CUC fürs Internet in einem ganz ande­ren Licht, nicht wahr? Jedenfalls ist der Peso Convertible all­ge­mein auch als die Touristen-Währung bekannt, denn nor­ma­ler­wei­se schla­gen sich Touris nicht mit Peso Cubanos rum, und das aus einem ein­fa­chen Grund: 1 Peso Cubano unge­fähr einen 24stel eines CUC wert, also 24 mal schwä­cher als die Touri-Währung. Das Triste an den zwei Währungen ist aber nicht in erster Linie der kras­se Wertunterschied, son­dern der Fakt, dass die mei­sten Kubaner in Peso Cubanos bezahlt wer­den. Die mei­sten heisst, all die­je­ni­gen, die nicht in irgend­ei­ner Weise mit Touristen zu tun haben. Und auch die bekom­men ledig­lich einen klei­nen Lohnanteil in CUC aus­be­zahlt. CUC in der Hand zu haben bedeu­tet, dass man sich auch an den Orten auf­hal­ten kann, wo sich Touristen tum­meln und dort ein­kau­fen kann, wo nur CUC akzep­tiert wer­den. Es bedeu­tet: Nicht ein­ge­schränkt zu sein. Im Klartext sym­bo­li­siert der Peso Cubano nur eine wei­te­re Art der Unterdrückung und Diskriminierung des eige­nen Volkes.

Der offi­zi­el­le Lohn eines Taxifahrers beträgt unge­fähr 10 CUC pro Monat. Ein Ingenieur ver­dient rund 25 CUC. Als ich die­se Summen zum ersten Mal hör­te, war ich geschockt. Wie soll das denn gehen, nach all den Preisen, die mir auf mei­ner Reise begeg­ne­ten. Doch die Kubaner schaf­fen es. Irgendwie.

Des Kubaners täg­lich Brot Wie also über­le­ben die Kubaner? Genau weiss ich es auch nicht. Es sind Überlebenskünstler, ohne Zweifel. Sie müs­sen es sein, denn wenn ich zum Beispiel die Preise im gros­sen Supermarkt als Referenz neh­me, dann wäre der Lohn eines Taxifahrers an einem Tag hin. Und dabei hät­te ich wohl mit Müh und Not Essen für eine knap­pe Woche ein­ge­kauft. Und übri­gens konn­te auch in die­sem aldi-ähn­li­chen «super­mer­ca­do» nur in CUC bezahlt wer­den. Mit der Zeit habe ich jedoch mit­be­kom­men, dass es bestimm­te Läden gibt, in denen wie­der­um nur mit Peso Cubanos bezahlt wer­den kann. So auch in einer klei­nen Bäckerei, einer «Panadería», in der Nähe mei­ner Spanischschule. Als ich den Laden zum ersten Mal betrat, muss­te ich mich beherr­schen, um nicht ein völ­lig ver­wun­der­tes und ungläu­bi­ges «Hä?» von mir zu geben. Die Regale waren gröss­ten­teils leer und das, was es zu kau­fen gab, sah so ziem­lich alles gleich aus. Kurz flacker­te das Bild eines voll­ge­stopf­ten Migrosregals vor mei­nen Augen auf, ver­schwand aber gleich wie­der. Doch das war nicht das ein­zig Fremde, das mir begeg­ne­te: In die­sem Laden wur­de gegen Vorzeigen eines klei­nen Büchleins staat­li­ches Brot abge­ge­ben. Dieses Brot hat­te die Form unse­res Königskuchens, zumin­dest von einem der Teile. Es war weiss und weich. Neben dem staat­li­chen Brot gab es noch das nicht-staat­li­che. Der ein­zi­ge Unterschied, den ich fest­stel­len konn­te, war, dass das eine weiss und das ande­re gelb war. Neben Brot lagen noch ver­schie­de­ne Kuchen in den Regalen. Flache und hohe. Auch die waren gelb. Bei mei­nem ersten Besuch ent­schied ich mich für einen der fla­chen (unse­rer Wähe ähn­lich). Dafür zahl­te ich 20 Peso Cubano (also nicht ein­mal 1 CUC). Ich hat­te kei­ne Ahnung, womit ich mir da wenig spä­ter den Magen voll schla­gen wür­de. Es stell­te sich aber her­aus, dass er äus­serst lecker war. Aussen irgend­ein Teig, innen gefüllt mit einer lecke­ren Guavemasse. Freudig über mei­ne schmack­haf­te Entdeckung, eil­te ich am näch­sten Tag wie­der in die Panadería, doch mei­nen fla­chen Kuchen gab’s nicht mehr.

So lern­te ich sehr schnell eines der wich­tig­sten Gesetze in Fidels Reich: Heute gibt es ein Produkt, mor­gen nicht. Das ist ein­fach so. So ein­fach ist das.

ensuite, Januar 2009

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