EDITORIAL

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Von Lukas Vogelsang - Wer in letz­ter Zeit beim Bubenberggebäude vor­bei­ging, konn­te immer wie­der Menschen mit Kartonkistchen beob­ach­ten und erin­ner­te sich viel­leicht an die Entlassungen, wel­che die Zeitungsfusion aus­ge­löst hat. Nun sind die Zeitungen BZ und der BUND unter einem Verlagsdach ver­eint. Damit sind die Probleme aber nicht gelöst, denn nun heisst es über­le­ben. Und nur die Besten wer­den bestehen.

Dies bekom­men auch die bei­den Redaktionen zu spü­ren, wel­che bis­her weit­ge­hend fusi­ons­ver­schont blie­ben. Doch man muss sich pro­fi­lie­ren, wenn man in Zukunft dabei blei­ben will. Und so ent­ste­hen häss­li­che jour­na­li­sti­sche Fehler, wie über Weihnachten und Neujahr, als die Dampfzentrale in die Schlagzeilen geriet. Unter erpres­se­ri­schen Methoden wur­de BeJazz zu einem Interview getrie­ben und muss­te Stellung neh­men zu einer intern geplan­ten Aktion, die noch nicht für die Öffentlichkeit gedacht war. Gleich erging es dem Restaurant Dampfzentrale, wel­ches plötz­lich sei­ne Bilanzzahlen ver­öf­fent­licht sah. Dies hat­te nichts mit jour­na­li­sti­scher Funktion, als viel­mehr mit Abrechnung und Selbstprofilierung zu tun. Es ist mir unver­ständ­lich, wie so etwas zuge­las­sen wer­den konn­te. Das „in-die-Pfanne-Hauen“-Spiel, ist die trau­rig­ste jour­na­li­sti­sche Form und hat mit der­sel­ben eigent­lich wenig zu tun. Wenn wir im Kulturjournalismus nun dort ange­langt sind, dass wir Sensationen prä­sen­tie­ren müs­sen, statt einen Kultur-Dialog auf­zu­bau­en – dann kann die Stadt die Kultur-Subventionen gleich ganz strei­chen und der SVP das gespar­te Geld über­wei­sen. Es dient nie­man­dem. Und es hilft auch nicht, wenn wir den letz­ten wah­ren Kulturtempel in der Stadt, die Reitschule, in den Medien her­um­schlep­pen, als hei­li­ges Kalb und damit, die dort ent­stan­de­ne Kultur und Bewegung unter städ­ti­sche Kontrolle wer­fen. Dann stirbt sie.

Bern ist in der kul­tu­rel­len Selbstfindung wie­der zurück­ge­wor­fen wor­den. Es kommt mir so vor, wie der Bär, der auf der heis­sen Eisenplatte tanzt und so „Tanzen“ lernt. Nicht, dass er wirk­lich Tanzen könn­te: Seine brand­wun­den Füsse zwin­gen ihn zu plum­pen Bewegungen und die sehen eben aus „wie“. Hoffen wir, dass es wenig­stens ein Weg ist, der uns in unse­rem kul­tu­rel­len Verständnis wei­ter bringt. Irgendwann.

ensuite, Februar 2004

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