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40 ans sonia rykiel

Von Sonja Hugentobler-Zurflüh - Sonia Rykiel und Mode, das ist eine 40-jäh­ri­ge Liebesgeschichte. Die Grande Dame des Strick schaut nach 79 Jahren unver­dros­sen nach vor­ne. Sie ist eine Bastion des fran­zö­si­schen Chics und Symbol der unab­hän­gi­gen Pariserin. Im Oktober, anläss­lich der Präsentation ihrer Sommerkollektion 2009 in Paris hat das Haus sein 40-jäh­ri­ges Jubiläum gefei­ert. In einem Zelt, mit­ten im Parc de Saint Cloud zu mit­ter­nächt­li­cher Stunde ver­heis­sungs­voll leuch­tend, fan­den sich 2000 Gäste zur Show ein, gefolgt von einer rau­schen­den Party. Auch dreis­sig Kollegen von Giorgio Armani über Jean Paul Gaultier bis Roberto Cavalli und Vivienne Westwood erwie­sen Rykiel ihre Ehre, indem jeder von ihnen ein «Rykiel-Modell» aus ihrer Hand über den Laufsteg defi­lie­ren liess, ein beson­de­res Geburtstagsgeschenk an die Pariser Modeschöpferin.

Wie immer bei Rykiels Schauen herrsch­te fröh­li­che, dies­mal sogar aus­ge­las­se­ne Stimmung im Festzelt. Dass die Models für ein­mal nicht zu Musette Walzer, son­dern zu «La Vie en Rose» lie­fen, mach­te die Aufbruchstimmung in eine neue Ära deut­lich. Auf ihren 40-jäh­ri­gen Erfolg ange­spro­chen, mein­te die immer schwarz geklei­de­te Frau mit dem flam­men­ro­ten Lockenhaar: «Es kommt nicht drauf an, wann man ange­fan­gen hat. Wichtig ist, wo man heu­te steht und wohin man geht.» Deshalb setzt sie auf Jugend und Wandel und hat kürz­lich ihre lang­jäh­ri­ge Mitarbeiterin Gabrielle Greiss zur Kreativdirektorin des Hauses gekürt. Das Management der Firma hat sie ihrer Tochter Nathalie schon vor Jahren über­tra­gen. Nathalie ist auch ver­ant­wort­lich für Parfums und Accessoires und nicht zuletzt Erfinderin der «Objets de Plaisir», Sex Toys der Luxusklasse, die in einer der Rykiel-Boutiquen in Saint Germain ver­kauft wer­den. Seit 1989 gehört ihr die Firma. Damit bleibt Rykiel das letz­te fran­zö­si­sche Luxus-Modehaus, das im Besitz der Gründerfamilie ist und auch noch von ihr geführt wird.

Als Autodidaktin ver­dankt Sonia Rykiel den Anfang ihrer Modekarriere einem Zufall, wie sie sagt. Frustriert, dass sie als Schwangere kei­ne Pullover fand, die ihr gefie­len, ent­warf sie 1962 selbst ein aus­ser­ge­wöhn­li­ches Modell und liess es anfer­ti­gen, denn selbst stricken kann die «Königin des Strick» nach eige­nen Angaben bis heu­te nicht. Aussergewöhnlich an dem Unikat waren die nach aus­sen gestülp­ten Nähte, als noch nie­mand von Grunge und der Ästhetik des Unperfekten sprach. Sofort mach­te sie damit Furore und ver­kauf­te klei­ne­re Serien an eine Boutique namens Laura, bis sie 1967 in Saint Germain ihr erstes Geschäft eröff­ne­te. Heute sind es welt­weit deren fünf­zig.

Das Geheimnis des Erfolges von Sonia Rykiel, Tochter einer Rumänin und eines Russen, liegt wohl dar­in, dass sie schon immer kre­iert hat, was sie selbst ger­ne trägt. Damit ist sie nahe bei den Bedürfnissen der Kundin, was bei männ­li­chen Designern sehr oft nicht der Fall ist. Nie hat sie ihre Auffassung von Eleganz und Stil durch flüch­ti­ge Modetrends ver­wäs­sern las­sen. Stets kul­ti­viert sie ihre Markenzeichen: flies­sen­de, unge­füt­ter­te Wohlfühlkleider, Strassapplikationen, Ringelpullover, gros­se Strickjacken und roman­ti­sche Ansteck-Accessoires wie Blumen und Schmetterlinge. Dabei gelingt es ihr, die Kollektion in Einklang zu brin­gen mit den aktu­el­len Trendmerkmalen wie die­se Saison die Trapezform oder Plateauschuhe.

Mit 79 Jahren ist Rykiels Liebe zum Metier unge­bro­chen. Sie lebt ihre Mode, mit der sie Freude in den Alltag brin­gen will, wie eh und je. Weil sie in den Models ihre Botschafterinnen sieht, stak­sen die­se nie im Stechschritt und mit Killermine über den Laufsteg, wie das bei jeder ande­ren Marke üblich ist, son­dern sie schwe­ben lächelnd und beschwingt dem Zuschauer ent­ge­gen, immer mit lan­gem Lockenhaar. Stets endet die Show mit einem Feel-Good-Finale.

Doch nicht nur Mode kommt aus dem Hause Rykiel. Rykiel ist erfolg­rei­che Autorin ver­schie­de­ner Märchenbücher. Sie ent­warf schon Einkaufstüten für Kaufhäuser und stat­te­te Hotels aus, zum Beispiel das Pariser Crillon. Nach ihr hat der welt­be­rühm­te Rosenzüchter Jean-Pierre Guillot die Sonia-Rykiel-Rose benannt und 1994 hat­te sie in Robert Altmans Film «Prêt-à-Porter» einen Gastauftritt. 2001 wur­de ihr von der fran­zö­si­schen Regierung der Titel «Commandeur de l’Ordre National de Mérite» ver­lie­hen, womit ihr Status als fran­zö­si­sches Monument offi­zi­ell ver­bucht ist.

Bild: Trendspot, Gil Gonzalez
ensuite, Januar 2009