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20 Jahre Galerie Rigassi – 3. Ausstellung

Why? … Wie es mir gefällt!

(Lionel Illbich) Gute Kunstakquisitionen basie­ren auf per­sön­li­chen Vorlieben. Der nor­ma­ti­ve Anspruch der Urteilskraft der Kunstkritik, der es nur dar­um ging, eine Position durch­zu­set­zen und Abweichungen davon zu igno­rie­ren, ver­mag dar­an nichts zu ändern. Der Niedergang der Kunstkritik ist das Symptom die­ser zuneh­men­den Regellosigkeit der Gegenwartskunst. Immer schwie­ri­ger wird es, eine Kunstwelt ein­zu­schät­zen, die sich geo­gra­fisch aus­dif­fe­ren­ziert und die die Kunstgeschichte mit der Begriffsbildung World Art History zu ana­ly­sie­ren ver­sucht. Dies gelingt nicht. In Zeiten der Globalisierung setzt sich eine gegen­läu­fi­ge Tendenz durch. Je mehr sich das System aus­dehnt, desto stär­ker ist die Rückanbindung an spe­zi­fi­sche Positionen, die zusam­men kei­nes­falls ein Ganzes bil­den. Längst sind unter­schied­li­che Kulturen der Kunst ent­stan­den. Es gilt nicht mehr der vor­wärts gerich­te­te Anspruch der Avantgarde. Es sind die Mille Plateau im Deleuz’schen Sinne die unab­hän­gi­gen Inseln, die nicht über­all auf die glei­che Akzeptanz stos­sen, und nicht über­all gleich gedeu­tet wer­den wol­len.

Schon län­ger reagie­ren Käufer und Sammler auf die­se Situation mit Strategien per­sön­li­cher Vorlieben. Ob Christian Boros, Werber und Besitzer eines Privatmuseums in einem Berlin Bunker, behaup­tet er kau­fe nur Kunst die er nicht ver­steht oder der Hamburger Mäzen und Anwalt Harald Falkenberg, der eine ehe­ma­li­ge Fabrikhalle im schmud­de­li­gen Süden der Stadt mit agres­si­ver deut­scher und ame­ri­ka­ni­sche Kunst aus­stat­tet. In bei­den Fällen gilt: Wie es mir gefällt!

Rigassis pro­gram­ma­ti­sche Ausstellung mit dem abge­wan­del­ten Shakespeare Titel nimmt sich die­ser Problematik an. Zu sehen sind Exponate, die auf den ersten Blick zwar nicht zusam­men­pas­sen wol­len, denen aber eine spon­ta­ne Anziehungskraft eigen ist: die Wachsbilder von Patrick LoGuidice, der seit Jahren mit der Technik der Enkaustik an Panoramen zwi­schen süd­ita­lie­ni­schen Lebenswelten, Madonnendarstellungen, Filmstars und urba­nen Zyklen arbei­tet. Andreas Reichlin der sich des Ready Mades bedient und die­se Methode wei­ter­ent­wickelt, indu­stri­ell gefer­tig­te Abwasserrohre zer­schnei­det und in auf­wän­di­gen Verfahren ver­biegt und damit einen klu­gen Kommentar auf die Normdiktatur der west­li­chen Zivilisation ablie­fert. Entblössung bis zur Selbstaufgabe, die exi­sten­ti­el­le Spezialität von Jürgen Klauke, der mit einem Portrait in düste­rer Atmosphäre ver­tre­ten ist, eine Landschaftsaufnahme von Bruno Vautrelle, so grell als habe gera­de der Blitz ein­ge­schla­gen, Gaudenz Signorell, der Graubündner mit den ver­schie­de­nen Heimaten, Paris Rom und immer wie­der Indien, der die Stimmungen des Ortes mit einer Mischung aus der Malerei, der Fotografie unter­sucht oder Marie-Jo lafon­taine, die mit ihrem Titel Lost Paradise die Unwirtlichkeit der Städte anklagt, in denen das Pflanzlich-orga­ni­sche auf die Dekoration des Abstandsgrün zwi­schen Fahrbahnen redu­ziert ist.

Why? … Wie es mir gefällt!  ist ein wei­tes Feld künst­le­ri­scher Entwürfe, die in ihrer Verschiedenheit sub­ver­siv der Deutungshoheit einer nor­ma­ti­ven Kunstbetrachtung ent­ge­gen­wir­ken, gera­de das lässt die­se Positionen so umso stär­ker wir­ken.

Raphael T. Rigassi
Münstergasse 62
CH-3011 Bern, Switzerland
Tel. (031) 311 69 64

 

E‑mail: rigassi@bluewin.ch
Internet: www.swissart.net/rigassi
AGS – Art Galleries Switzerland
Öffnungszeiten: NEU
Di: 15.00 – 18.30 Uhr
Mi – Fr: 11.00 bis 13.00 Uhr
15.00 bis 18.30 Uhr
Sa: 01.11.–01.06. 10.30 bis 16.00 Uhr
Sa: 2.06.–30.10. 10.30 – 14.00 Uhr
oder nach tele­fo­ni­scher Vereinbarung